Unterwegs in meinem Apulien

Es gibt viele Sehnsuchtsorte über die es sich lohnt zu berichten. Und zwar genauso viele wie es Touristen gibt. Ingeborg Gleichaufs Sehnsuchtsort heißt Apulien. Gleich mehrere Jahre hintereinander verbrachte sie vor über zwanzig Jahren jeweils gleich mehrere Wochen im Süden Italiens. Familienurlaub und somit noch um einiges wertvoller als andere Urlaubsarten. Vor einiger Zeit gab sie dann endlich ihrer Sehnsucht nach und bereiste Apulien noch einmal.

Was wird sich wohl verändert haben? Auf alle Fälle nicht die Art der Vorbereitung. Die wichtigsten Eckpunkte standen schon vor Reiseantritt fest. Doch nicht allzu sehr in die Tiefe gehend. Denn dann würde ihr nicht mehr viel Raum für Neues bleiben.

Wohlwollend nimmt der Leser zur Kenntnis, dass er hier keinen weiteren reiseband in den Händen hält. Ingeborg Gleichauf gibt zwar hin und wieder Tipps, wo man sich gern niederlassen könnte, um der köstlichen apulischen Küche zu frönen, doch nur mit diesem Buch im Gepäck Apulien zu erobern, wäre zutiefst frevelhaft.

Als Einstimmung nimmt die Autorin den Leser mit auf das Castel del Monte. Das achteckige Bollwerk, das dem Kopf Kaiser Friedrichs II. entsprang ist das gegensätzlichste Monument der Region. Ein Ort der Ruhe wegen der extrem dicken Mauern und zugleich ein Ort voller Lebendigkeit. Denn Kinder und Burgen – das kann nicht leise vonstattengehen. Zudem befindet man sich innerhalb eines echten Nationalmonumentes. Wer schon mal ein italienisches Ein-Cent-Stück in den Händen hielt, erkennt das Gemäuer sofort.

In einem Reiseband hat Ingeborg Gleichauf gelesen, dass Apulier nicht gerade offen auf Fremde zugehen. Zurückhaltung liegt ihnen näher als Offenherzigkeit. Pah, da kann sie nur drüber lachen (so auch über so manchen engstirnigen Deutschen, der dialektbeseelt am Morgen seine Brötchen kaufen will, köstlich). Vincenzo ist der lebende Beweis, dass das Vorurteil komplett falsch ist und wahrscheinlich einer einzigen, nicht repräsentativen Begebenheit zugrunde liegt. Kaum angekommen, fühlt sich Familie Gleichauf als Familienmitglied einer apulischen Gemeinschaft.

„Unterwegs in meinem Apulien“ hält, was es verspricht. Über einhundert Seiten höchstpersönlicher Eindrücke, die Essenz mehrerer Reisen in den Süden Italiens, dort, wo die Sonne erbarmungslos brennt, das Meer in kitschigem Blau erstrahlt und die Mahlzeiten auf den Tellern an Frische kaum zu überbieten sind. Als Reiselektüre immer wieder anregend und ein Erinnerungsstück nicht nur für die Autorin.