Trost

Na das ist ja mal eine Reise: Lissabon, Berlin, Brüssel. Und aus jeder Stadt kommt eine Geschichte. Nicht irgendeine, sondern jeweils eine großartige. Alle zusammen: Noch großartiger. Und die Frau, der das alles passiert ist, die das alles niedergeschrieben hat, heißt … nein, diese Frau hat keinen Namen. Sie hat nur ihre Erinnerungen, ihr Vergangenheit (in drei Städten) und ihre geistige Mutter – die Autorin dieses Romans – eine riesige Menge neuer Fans.

Sie ist in Lissabon. Auf der Flucht vor etwas Unausgesprochenem. Hier am Atlantik soll ihr neues Leben beginnen. Es beginnt mit einem Blick, einem Blick zurück, gefolgt von weiteren Blicken. Er steht am anderen Ende der Bar. Sie fasst sich ein Herz und gibt im Vorbeigehen, doch mit der Vehemenz ihrer Sehnsucht ihre Telefonnummer. Ein Date? Oh ja! Mehr als das. Eine Affäre, die als heiß zu bezeichnen den Zweck mehr als verfehlen dürfte. Er ist aufmerksam, zurückhaltend, genau das, wonach sie sich sehnte. Aber auch die Zeit schreitet voran. Und mit ihr das unauslöschliche Gefühl des Alltags. Trott und eine gewisse Unsicherheit umfangen sie. Ist es das Ende für sie? In Lissabon?

Ja, denn Berlin wartet. Und mit Berlin kommt Kimmy ins Leben der Fremden. Und wieder ist das dieses Kribbeln, dieses Verlangen … aber auch die Zweifel, ob hier das Ende der Reise beschieden sein wird. Ist es nicht. Denn Brüssel ruft schon aus der Ferne.

Drei Städte, eine Frau, drei Affären, eine einzige Suche nach Vollendung. Sie darf nicht glücklich sein. Nicht dauerhaft. Sie ist für den Moment geschaffen, verpasst jedoch immer wieder den rechtzeitigen Absprung in den nächsten Glücksmoment. Ein Trost sind die Erinnerungen, die flehentlichen Abzweigungen des Schicksals, die sie erst vorantrieben und dann auf der Stelle verharren lassen.

Iga Hegazi Høyer ist nicht zimperlich in ihrer Wortwahl. Direktheit dort, wo sie angebracht ist. Zurückhaltung da, wo der Leser sich selbst ein Bild machen soll. Will man mit ihr tauschen? Nein, ja, oder doch, nein, lieber nicht. So unentschieden sie ist, so sehr knabbert man selbst an den eigenen Fingernägeln, wenn man versucht herauszubekommen, ab man sie beneiden oder bedauern soll.