Schloss Gripsholm

Ab in die Sommerfrische nach Schweden! Peter und Lydia haben es sich verdient. Er Schriftsteller, Sie Sekretärin. Ihr hängt die Arbeit noch ein bisschen nach. Zu sehr spielen die Arbeitsabläufe noch in ihrem hübschen Köpfchen Pingpong. Doch das soll sich rasch ändern, sobald sie in Schweden angekommen sind.

Schloss Gripsholm wird ihr Exil von der Welt werden. Daddy, so nennt Lydia ihren Peter liebevoll, manchmal auch Fritzchen, ist sofort angekommen. Dem Müßiggang kompromisslos nachgeben ist für ihn kein Problem. Prinzessin, auch er hat einen Spitznamen für Lydia, lässt sich leicht anstecken.

Auffällig in dieser Abgeschiedenheit ist nur die tägliche Kolonne an Kindern, die angeführt von einer Matrone namens Frau Adriani, tagein tagaus durch die Felder exerziert. Sommerfrische kann man das nicht gerade nennen. Militärischer Drill trifft es wohl eher. Ein Mädchen reißt sich immer wieder los von dieser In-Reih-Und-Glied-Manieriertheit. Ada. Sie schluchzt so herzzerreißend, dass Lydia sich genötigt fühlt dem kleinen Mädchen auf den Zahn zu fühlen. Frau Adriani sieht sich in ihrer Generalsfigur angegriffen. Wie könne sie nur! Sie allein habe hier das Recht selbiges zu sprechen! Und so weiter. Lydia ist geschockt. Hier in dieser Idylle so drohende dunkle Wolken?

Als Karlchen eintrifft, ist die heile Welt wieder hergestellt. Kurzfristig. Ein Schnorrer vor dem Herrn. Ein liebevoller Schnorrer, dem die Zigaretten von Anderen besser zu schmecken scheinen als die eigenen, wenn er denn welche hätte. Er passt in die kleine Gruppe wie Faust aufs Auge.

Als dann auch noch Billie aufkreuzt, sie hat sich gerade von ihrem Freund, einem Maler, getrennt, ist das fröhliche Ringelreih der ungetrübten Ausgelassenheit komplett. Und Peter und Lydia? Was wird aus ihnen? Was wird aus ihnen, wenn der Urlaub vorüber sein wird?

Kurt Tucholsky wurde von seinem Verleger Ernst Rowohlt um eine kleine unverfängliche Liebesgeschichte regelrecht angebettelt. So was wollten die Leute lesen. Nicht immer nur bierernste politische Diskurse führen. Das Leben sei eh schon hart genug. Rowohlt kam ihm finanziell sogar ein Stück entgegen. Für Tucholsky nicht genug. Dass der Roman heute immer noch ein Renner ist, darf wohl als Zeichen dafür gelten, dass Tucholskys Forderungen nachgegeben wurde. Der Briewechsel am Anfang des Buches lässt diese Vermutung naheliegen.

Hans Traxler, der für die Pardon und die Titanic nicht nur zeichnete, sondern sie auch mitgründete, hat seinen Zeichenstiften eine Dreißigerjahre-Kur verordnet. Keck wie die beiden Hauptakteure, mal mit blankem Busen und spitzer Nase, mal zärtlich verliebt, dann wieder in aufreizender Pose im frech geöffneten Pyjama. Schweden regte schon vor knapp einem Jahrhundert, der Roman erschien erstmals 1931, die Phantasie der Leser an und bis heuet die der Illustratoren. Traxlers Bilder geben Tucholskys Meisterwerk für Verliebte erst den richtigen Schliff.