Roter Staub, Mosambik am Ende der Kolonialzeit

Isabela Figueiredos Kindheit ist wie die von Millionen, Milliarden vor ihr auch. Sie bestimmt mit dem sie spielt. Die Hautfarbe spielt dabei keine Rolle. Und doch ist ihre Kindheit etwas ganz Besonderes. Sie wächst als Weiße in Mosambik auf. Die Hautfarbe spielt also doch eine Rolle. Leider. Denn ihr Vater, ein Weißer, der aus Portugal in die – mittlerweile – Kolonie im Osten Afrikas auswanderte, wo die Autorin geboren wurde. Ihr Vater ist der Elektriker der heutigen Hauptstadt Maputo. Ihr Vater ist für mehrere Block  verantwortlich. Ihr Vater hat es in der Hand, wie seine Angestellten – undwieder einmal muss die Rede von der Hautfarbe sein, es sind Schwarze – arbeiten. Spuren diese nicht, wird es laut, wird er brutal. Und er nimmt sich, was er will, was er braucht. So wie so viele der Weißen. Der Machthaber. Derer, die meinen über den Einheimischen, den Schwarzen zu stehen.

Doch der vermeintliche Traum platzt, als in Portugal die Nelkenrevolution die Wende einleitet und kurze Zeit später Mosambik, scheinbar ebenso sanft in die Unabhängigkeit entlassen wird. Und Isabela in die tiefste portugiesische Provinz geschickt wird. Ihre Eltern wird sie erst als junge Frau wiedersehen.

Das, was sie in Mosambik erlebte, wird dann kein Thema mehr sein. Erst durch dieses Buch, das Schreiben daran, wird sie sich der Tragweite ihrer eigenen Vergangenheit bewusst. Aus Respekt ihrem Vater gegenüber wird dieses Buch erst geschrieben sein, wenn er tot ist. Denn die retornados, die Rückkehrer aus den Kolonien, werden nun auch in der Heimat mit anderen Augen gesehen.

Ab der ersten Seite legt die Autorin richtig los. Sie sucht nicht nach Ausflüchten, da sie sich nicht schuldig fühlen kann. Sie war ein Kind in einer Zeit, die sie nicht zu verantworten hatte. Ihr Beitrag dazu, dass solche Zeiten nicht vergessen werden, dass sie nie wieder passieren, ist mehr als die meisten Politiker / Verantwortlichen je getan haben, je tun werden. Aufrüttelnd, schonungslos und mit der Distanz der Jahre kratzt Isabela Figueiredo nicht an der Oberfläche eines der dunkelsten Kapitel portugiesischer Geschichte. Sie legt Wunden frei, was vielen nicht gefiel als das Buch 2009 erstmals erschien. Rassismus und Feigheit, Allmachtsfantasien und Überheblichkeit sind essentieller Bestandteil der Aufarbeitung dieses Kapitels. Einmal verübtes Leid kann nicht ausgelöscht werden. Zwischen Liebe und Zorn wirft sie den Leser Hin und Her zwischen Erstaunen, Wut und Mitgefühl.