Poet X

Harlem, September. Hier wächst Xiomara auf. Shiomara wird das ausgesprochen, was ihr langsam aber sicher auf die Nerven geht. Noch kann man draußen auf den Stufen sitzen und das Leben einatmen. Nur wenn die Dealer kommen, sollte man sich ins sichere Haus verkriechen. X – so nennt sie sich – tut das nicht. Das gibt wieder Mecker von der Mutter. Was soll’s?!

In der Schule wurde sie früher Wal genannt. Wegen ihres Körpers. Der hat sich verändert. Jetzt wollen alle ein Foto von ihr, im String. Doch X hat sich ein dickes Fell angelebt. Die Anzüglichkeiten lassen sie kalt.

Der Poetry Slam Club ist ihre Welt. Hier kann sie ihre Gedanken in die Welt hinaus schreien. Auch das, was bisher unter dem angelebten Fell im Verborgenen blieb. Dort kann sie auch von ihrer großen Liebe sprechen. Aman.

Diese Liebe darf nicht sein. Wie so vieles im Leben von X. Ihr Zwillingsbruder benimmt sich nicht wie einer. Streber, Brillenträger, hat noch vor ihr die Kommunion empfangen. Weil sie immer wieder zurückgesetzt wurde. Bis sie eines Tages nicht mehr wollte. Das Donnerwetter folgte auf dem Fuße. Doch Aman und X sind unzertrennlich. Da passt kein Blatt Papier, nicht einmal ein auf dieses Blatt Papier geschriebenes Wort.

Poetry Slam war für viele bisher immer nur Comedy von Leuten, die sich keine Texte merken können und deswegen alles ablesen müssen. Eine Laune der Zeit. Hans Dieter Hüsch hat das schon vor Jahrzehnten gemacht, also ist Poetry Slam nichts Neues, nur hat man endlich einen Namen, eine Marke dafür gefunden. Dieser Roman füllt die Lücke, die Poetry Slam gerissen hat. Denn der Roman ist im Stile eines Poetry Slams geschrieben. Wenn es diesen eigenen Schreibstil überhaupt gibt. Kurze Texte, die erst im gesamten ein Bild ergeben und diese zu einem Roman anschwellen lassen. Ungewöhnlich und ungewohnt zu lesen. Doch die Rasanz der Worte bergen ungeahntes Potential in sich: X erwacht aus ihrem lethargischen Träumereien und wird zum gefeierten Star der Szene. Und je mehr man sich in diesen Roman vertieft umso mehr versteht man das Phänomen Poetry Slam.

Es fühlt sich fast so an als ob Elizabeth Acevedo während des Lesens die ganze Zeit neben einem stehen würde. Sie trägt mit stoischer Ruhe bis hin zu furioser Aggressivität ihre Texte vor. Das haut einen echt um!