Partytime

Wird heutzutage von Party gesprochen, hat man in Sekundenschnelle ein Bild von einer grölenden Menge vor Augen, die mit einer überzuckerten Limo in Dosen die Hände gen Gebäudedecke recken und sich gegenseitig unverständliche Laute zugrunzt. Die Zeiten haben sich geändert.

Als es das letzte Mal hieß Party in den 20ern, war man da etwas verhaltener. So wie in der ersten Geschichte dieser Party-Geschichten-Sammlung von F. Scott Fitzgerald. Rags Martin Jones kehrt mit einem Ozeanriesen aus der alten Welt ins wunderbar moderne New York zurück. Die Presse lauert auf ein gestelltes Winken und den neuesten Tratsch, die neueste Mode aus Paris an den Körpern der gutbetuchten (und das ist wohl mehrdeutig gemeint) Passagiere, die die Gangway herunterschreiten. Nur Rags wird nicht erwartet. Ihre Familie ertrank in der eisigen Flut als vor Jahren die Titanic im Kampf mit einem Eisberg kläglich versagte. John Chestnut ist der einzige, der die Millionenerbin erwartet. Rags ist das nun gar nicht recht, obwohl sie ihn um den Empfang bat. So ist sie halt: Jung, unabhängig in jeder Hinsicht und ein vergnügungssüchtiges junges Ding. Das Geplänkel im Hafen ist für sie mehr Erheiterung als für ihn ein Liebesbeweis. Denn John ist bis über beide Ohren in Rags verknallt. Als sie ihm eröffnet, dass sie den Abend nicht mit ihm verbringen möchte, zieht er einen letzten großen Trumpf aus dem schicken Ärmel. Ob sie nicht den Prince of Wales kennenlernen möchte? What? DEN Prince of Wales?! Sure! J sieht sich schon auf der Zielgeraden seines größten Triumphes. Doch der Abend wird anders enden, als er, als sie, als die Partygäste, inkl. „Prince“ es sich vorgestellt hatten. Uneingeladene Gäste sind als Partycrasher einmal mehr Spielverderber, denen man nur mit Witz und Chuzpe ein Schnippchen schlagen kann.

Ob Bernice ihrer Umgebung ein Schnippchen schlagen will, kann man nicht abschließend sagen. Ihr ist klar, dass sie als Partygängerin auffallen muss. Das hat sich wohl bis heute nicht verändert. Wenn es noch einen Beweis für die Nachhaltigkeit der Worte von F. Scott Fitzgerald benötigt hätte, bitte sehr! Hier ist er! Ein Bubikopf verleiht ihr etwas rebellisches. Zumindest ist sie dieser Meinung. Die vorhergehende Generation sieht das natürlich ganz anders. Ihre Freunde finden es radikal und einen mutigen Schritt hin zur Selbstständigkeit.

Man kann es drehen und wenden wie man will. Lektüre über Parties – seien es ausgelassene Teenagergelage oder eine lässige Zusammenkunft von stresserprobten Neueltern, die ihrem Nachwuchs auch mal das gewisse Party-Erlebnis gönnen – liest sich immer ein Blick durchs Schlüsselloch. Wer ist da? Wie benimmt man sich? Was hat er / sie nun schon wieder am Körper oder dabei? F. Scott Fitzgerald bemüht sich nicht den gesellschaftlichen Konventionen den Witz entlocken, er amüsiert sich in Anwesenheit der Gäste und der Leser köstlich über das kontrollierte Ausgelassensein, das mehr Schaulaufen ist als echte Lebensfreude.