Motus!

Amila - Motus!

Es ist ein raues Leben, unten an der Schleuse. Dort, wo Dédé seinen Lebensunterhalt verdient. Reich geheiratet hat er, müsste also gar nicht mehr hier in der Gosse menschlicher Rohheit sich verdingen. Doch er sieht seine Arbeit als Berufung – er mag diesen besonderen Menschenschlag.

Seine Frau Jacqueline und seine beiden Kinder geben ihm das, wonach er immer suchte: Ruhe und Zufriedenheit.

Doch dann wird die alltägliche Idylle inmitten des Flusses erheblich getrübt: Der Kopf des Kapitäns der Hémitate schwimmt halterlos im Wasser, ein Arm hängt nur noch in Resten am Rumpf des leblosen Körpers. Düster liegt die Nacht über der Szene.

Ein Verdächtiger ist schnell gefunden. Coutre. Dédés Chef und Schleusenwärter. Er hat sich kurz vorher mit dem Opfer in der Wolle gehabt. Er habe ihm seine Faust zwischen die Zähne geschoben, mehr nicht. Als er ihn von sich stieß, waren noch zehn Meter zwischen dem späteren, noch lebendigen, Opfer(!) und dem Wasser. Alle glauben ihm, alle. Außer der Gendarmerie. Pflichterfüllt wird Coutre in Gewahrsam genommen.

Die eingeschworene Gemeinschaft am Wasser ruft zum Streik auf. Währenddessen gerät Dédé in arge Bedrängnis. Zuerst wird er zusammengeschlagen. Sein Schwager ist auch keine Hilfe. Vielmehr schlagen sich die beiden fast die Köpfe ein. Die Folge: Aus der Pistole, die Dédé in seinen Händen hält, löst sich ein Schuss. Jacquelines Bruder ist tot! Lucien, ein Freund, und Dédé lassen die Leiche verschwinden. Kein guter Zeitpunkt. Denn noch immer gibt es keinen sicheren Täter für den Mord am Kapitän der Hémitate, die Gendarmen schnüffeln überall herum. Jetzt fehlt also auch noch einer aus der Gemeinschaft.

Doch dann taucht jemand auf, mit dem niemand gerechnet hat…

Jean Amilas Milieustudie an den Ufern des Flusses gehört zur ersten Liga der schwarzen Serie. Zeile für Zeile liest man sich durch das Dickicht der Verschwiegenheit. Motus! ruft man in Frankreich jemandem zu, der sein Maul zu weit aufreißt, gegenüber Leuten, die man nicht kennt, denen man nicht vertrauen kann. Das Gebot des Schweigens gilt auch hier. Auch 60 Jahre nach Erscheinen gibt es Parallelen zur Gegenwart. Wem kann man noch Vertrauen, wenn es um den eigenen Job geht? Die eigene Haut nach außen schützen. Familiensinn und Zusammengehörigkeit sind oft wichtiger als die Moral.