Mailand – Eine literarische Einladung

Mailand - Eine literarische Einladung

Eine Stadt in Worte fassen? Wie soll das gehen? Noch dazu eine Metropole, die einzige Metropole Italiens, wie Herausgeber Henning Klüver meint. Schwierig, schwierig. Sollte man meinen! Denn oft beliebt es doch bei einem „wunderbar, schön, beeindruckend“. Beim Wagenbach-Verlag schlägt man da einfach einen Salto (so nennt sich die Buchreihe mit Büchern, die diesem Vorurteil beeindruckend – da ist es wieder! – entgegenstellen) und beweist auf 144 Seiten das Gegenteil. Knallrot, nicht vor Scham, sondern aus Gründen der Aufmerksamkeit, marktschreien die Autoren der Stadt dem Leser ihre Sichtweise auf ihr Milano um die Augen. Ein Fest für die Phantasie, eine Lehrstunde für Besucher, der Beweis, dass man Städte sehr wohl in lose Korsett der Wörter fassen kann.

Wurde in der Geschichte noch blumig von Mailand geredet, so sind es Dichter wie Dario Fo, immerhin Literatur-Nobelpreisträger, die mit Anekdoten ihrer Stadt ein Denkmal setzen. Er war Teil einer Gruppe, die Mitte des vergangenen Jahrhunderts die Stadt narrten, in dem sie das Gerücht in die Welt setzten Picasso würde nach Mailand kommen. Doch der kam nicht, hatte das auch gar nicht vor. Kurzerhand wurde ein Double engagiert. Helle Aufregung allenthalben. Selbst die Polizei, die die Menschenansammlung auflösen will, gerät in Verzückung als sie vom bevorstehenden Ereignis hört…

Natürlich ist Mailand eine Stadt, die man gesehen haben muss. Auch, weil sie eine Stadt für Flaneure ist. Der, der das behauptet ist Maurizio Cucchi, Mailänder Autor. Er meint, dass sich die Stadt niemandem aufdrängt. Und doch immer präsent ist. Wem sie nicht gefällt, kann das ja gern so halten. Kritik wird hier eh mit einem Schulterzucken hingenommen. Mehr Reaktion sollte man nicht erwarten.

Die in diesem Buch versammelten Autoren vermeiden es wohlwollend die Hotspots der Stadt in den Himmel zu loben. Kommen auch sie nicht ohne Dom und Scala aus, so doch eher im Unterbewusstsein. Das macht wahrscheinlich auch den Charme der Stadt aus: Sie gräbt sich ohne Wunden zu hinterlassen ins Gedächtnis ein. Wie ein Roman, der unauffällig Seite für Seite verschlungen wird, und am Ende wundert man sich, dass man ihn schon ausgelesen hat. Die „Literarische Einladung Mailand“ sollte man nicht ausschlagen. Denn sie ist eine Einladung zum Bummeln, Lernen, Staunen, eine Reisevorbereitung auf höchstem Niveau, Sehnsuchtsauslöser, Träumerei, unterhaltsamer Wegbereiter und –begleiter und ein Erreger persönlichen Jagdtriebes.