Lesereise Kopenhagen

Lesereise Kopenhagen

Kopenhagen ist nicht so richtig zu fassen. Jeder kennt die dänische Hauptstadt. Aber richtig weiß man kaum etwas über diese Stadt. Klar kennt man die Meerjungfrau. Der Ostteil Deutschlands wurde in den 70er und 80er Jahren mit der „Olsenbande“ für Dänemark und Kopenhagen sensibilisiert. Fußballfans können sich an das eine oder andere harte Match mit Bröndby Kopenhagen erinnern. Strandurlaub im eigenen Häuschen ist sicherlich eine der verbreitetesten Erinnerungen an unseren nördlichen Nachbarn.

Barbara Denscher nimmt den Leser mit auf eine Reise, die Appetit macht. Appetit auf Kopenhagen. Eine Stadt erkunden mal ganz ohne Reiseband. Denn die dänische Seele ist die Karte, nach der man seine Reise plant.

Für den Seelenstriptease wählt sie einen lehrreichen Einstieg: Es geht um die Eigenheiten der dänischen Sprache. Obwohl die skandinavischen Sprachen einen gemeinsamen Ursprung haben, kommt es oft zu Irritationen. Was bei den Einen Frühstück heißt, ist bei den Dänen das Mittagessen. Flink ist nicht das Versprechen einer schnellen Bedienung im Restaurant, sondern das, was man generell erwartet: Freundlichkeit. Mit fast schon spitzbübischer Leichtigkeit führt Barbara Denscher den Leser mit Hilfe ihres berühmten Kollegen Kurt Tucholsky in die Besonderheiten der Konversation ein. Und ohne Worte ist man nur nach einem Kopenhagen-Besuch…

Kopenhagen lebt von seiner Geschichte. Aber nicht nur. Spaziergänge auf den Spuren von Hans Christian Andersen gehören zum Standardprogramm wie moderne Architektur. Ørestad heißt ein Stadtteil, den es bis vor wenigen Jahren nur auf dem Reißbrett gab. Zumindest in der jetzigen Form. Wer Kopenhagen zur Jahrtausendwende besuchte, fand hier nur Brachland vor. Heute ist dieses Areal nicht wiederzuerkennen. Beeindruckende wahrgewordene Architektenphantasien zieren den Horizont. Man ist noch am Anfang, derzeit leben hier achttausend Menschen. Diese Zahl soll sich in den nächsten zehn Jahren verdreifachen.

Als Gegenentwurf ist da der Freistaat Christiana anzusehen. Auf dem ehemaligen Kasernengelände versuchen sich Idealisten an einer neuen Art der Selbstverwirklichung. Eigenbesitz ist hier verpönt. Dumm nur für die, die hier gebaut haben, und nun einen anderen Lebensweg einschlagen. Denn verkaufen ist nicht drin. Auch der Aktienwert – wer will kann Aktien des Areals erwerben – ist mehr ideeller Natur.

Wer mit Barbara Denscher durch Kopenhagen spaziert, erfährt so manche landes- und städtetypische Anekdote. Fernab der Touristenpfade führt sie den Leser durch eine zurecht fast schon vergessen scheinende Metropole im Norden des Kontinents.