Kuhle Schweizer – Swiss Stars

Kuhle Schweizer

Cooles Wortspiel, das mit dem kuhl und Schweiz. Und es macht sofort klar, um wen es geht: Kühe. Das Schweizer Nationaltier. Fotografin und Autorin Sonja Lacher hat gut lachen. Sie kommt den liebenswerten Viechern so nah, dass sie ihnen ihren Stempel aufdrücken kann. Ihren fotografischen Stempel. Über anderthalb Millionen Rinder leben in der Schweiz, und ein paar davon sind jetzt Swiss Stars.

Sie posieren gelassen vor der Linse Sonja Lachers – so sieht es zumindest aus. So manch ein Rindvieh ließe sich in mancher Situation auch als bl.. Kuh bezeichnen. Was Sonja Lacher niemals tun würde, da merkt man sofort, wenn man die Texte liest. Sie liebt Rinder.

Und die stellen sich in Pose als ob sie nie was anderes getan hätten. Ein Bulle mit prächtigen Kopfschmuck (Hörner) zeigt sich in Maichael-„Air“-Jordan-Pose, nur ohne Basketball und mit Haaren. Andere drehen keck der Kamera ihr Hinterteil zu, wie einst die Kommune 1. Detailliert blickt man ins Auge eines Rinds, und man fühlt sich an „Un chien andalou“ von Luis Buñuel erinnert. Zum Glück nicht so martialisch (mit Rasiermesser).

Majestätisch, gemütlich, hungrig, gierig, niedlich – ach es gibt so viele Worte, die Rinder beschreiben können. Niedlich sind besonders die jungen Kälber. Auch wuchtig gehört dazu. Vollgefressen und zufrieden, darauf wartend, dass es noch Nachschlag gibt. So ein Swiss Star vertilgt gern mal bis zu zwei Zentnern Gras. Pro Tag! Und bringt es schon mal auf fast 200 Liter an Getränken. Wir Menschen kommen locker mit zwei Litern aus.

Sonja Lacher lässt sich Zeit. Über die Schweiz gibt es ja das Vorurteil, dass die Hektik einen Bogen um die Alpenrepublik macht. Was natürlich Quatsch ist. Sonja Lacher weiß jedenfalls, wann sie abdrücken muss, um den idealen Zeitpunkt zu erwischen das Objekt ihrer Begierde ins rechte Licht zu rücken. Der Moment (oder ist es ein Muh-ment?) vor dem scheinbar ersten Kuss. Oder beim Recken nach den süßesten Früchten, die immer viel zu hoch hängen. Oder bei der exakt ausgerichteten Schlafanordnung beim Vor-Sich-Hindösen. Kühe, Rinder, Bullen, Muni – wer auch immer gerade vor der Kamera sich präsentieren will – gelten gemeinhin nicht als die Tiere, deren Bilder man als exotische Trophäen überall herumzeigt. Hier ist der Beweis, dass auch ein vermeintliches Nutztier Starqualitäten aufweist.

„Kuhle Schweizer“ ist ein Buch, das man sich immer wieder anschaut. Als Stimmungsaufheller, mit Kindern, allein, als Ablenkung vom hektischen Alltag, als Reizobjekt für die Sinne. Es gibt unzählige Anlässe das Buch wieder und wieder aus dem Regal zu nehmen.