Keine Bleibe

Nicht wegen ihres Namens hat Angelika Sinn dieses Buch geschrieben, ein Buch, das obdachlose Frauen in den Fokus rückt. Es macht Sinn so ein Buch zu schreiben, obwohl es natürlich besser ist, ein derartiges Buch niemals schreiben zu müssen. Angelika Sinn arbeitet ehrenamtlich beim Tagestreff frauenzimmer in Bremen, der sich um Obdachlose kümmert. Sie bietet hier Schreibkurse an. Mit viel Einfühlungsvermögen und nicht weniger Geduld hat sich die Geschichten von acht Frauen zugehört und sie zu Papier gebracht.

So verschieden die Frauen sind, haben sie doch eines gemeinsam: Irgendwann war der Punkt erreicht, an dem nichts mehr ging. Rechnungen wurden nicht mehr bezahlt, die Gewalt war unerträglich geworden, das Schicksal hat unverhofft und gnadenlos zugeschlagen. Die Straße war der einzige Ort, an dem sie noch existieren konnten. Dank Vereinen wie frauenzimmer und anderen fanden sie Hilfe. Die Verängstigung der Frauen konnten aber auch sie nicht ungeschehen machen.

Es sind wirklich keine schönen Geschichten im eigentlichen Sinn. Doch dass Hoffnung zurückkehren kann, eint die Frauen ein weiteres Mal. Es sind kleine und große Glücksmomente – auch der in Angelika Sinn ein offenes Ohr zu finden – die der Resignation den Nährboden entziehen.

Die stimmungsvollen und leisen Fotografien von Rike Oehlerking verleihen jeder einzelnen Beschichte in diesem Buch eine besondere Note. Detailaufnahmen ohne zu viel preiszugeben – wie ein Sinnbild für jedes Schicksal.

Es ist mühsam sich dem Thema Wohnungslosigkeit über Zahlen zu nähern. Je größer die Zahl desto mehr distanziert man sich von den Betroffenen. Wahre Hilfe kann nur jedem einzelnen gegeben werden, niemals einer ganze Gruppe oder gar einer Masse. Nicht aufzuhören über dieses Thema zu reden, zu schreiben, die Augen nicht zu verschließen, gehört genauso dazu.