k.o.

Eine Kindheit im Süden – das sind sonnenüberflutete Tage, unbeschwerte Stunden. Nicht für Biagio. In den 80ern lebt der Halbwaise mit seinem Vater in einem süditalienischen Dorf. Hier ist nichts. Sein Vater ist der Metzger des Ortes und genießt so etwas wie Ansehen. Der Kleine hat nichts vom „Ruhm“ des Vaters. Als ein verheerendes Unwetter den Ort dem Erdboden gleichmacht, zieht die Dorfgemeinschaft auf die andere Seite des Hügels. Das laue Lüftchen, das zumindest ein paar Momente Abkühlung verspricht, trägt den muffigen Hauch des alten Dorfes mit sich. Biagio ist kein guter Schüler. Und sein Vater kein guter Vater. Abwechslung scheint die neue Freundin des Vaters zu versprechen. Doch Biagio lernt früh, dass Versprechen nicht immer gehalten werden.

Der schmächtige Junge – ganz der Vater, zumindest figürlich – wächst heran und hält sich mit Boxen die unausweichlichen bösen Gedanken vom Leib. Doch auch hierin ist er kein Meister. Das lässt ihn sein Vater bei mehreren Gelegenheiten spüren.

Selbst die erste Liebe – Sara, die Tochter des Bäckers – bringt kein menschliches Gefühl der Zuneigung in ihm hervor. Sie ist Mittel zum Zweck. Man hält Händchen, fummelt – auf ihr Drängen hin – ein wenig. Aber Zuneigung oder gar Liebe, dazu ist Biagio nicht im Stande. Dennoch heiraten die beiden. Für sie der ganz normale Werdegang. Für ihn mangels Alternativen das, was man halt so macht, was man erwartet. Tief im Inneren spürt Biagio aber, dass er hier im Süden, in diesem verkommenen Kaff einfach nichts zu suchen hat. Er ist verloren im eigenen kleinen Kosmos.

Zu diesem Kosmos gehört auch Vittorio. Er trägt gern Frauenkleider und bezahlt die Männer dafür, dass sie ihm unter den Rock grabschen. Genau dieser Vittorio ist es aber, der Baigio die Augen ein wenig öffnen kann. Ganz anders sieht es mit Aleco aus. Er eröffnet Biagio eine neue Welt, eine ferne Welt, eine gefährliche Welt…

Maurizio Fiorino wirft seinen Helden Biagio in eine düstere Welt, deren Grenzen keinen Hoffnungsschimmer durchlassen. Und trotzdem liest man Seite für Seite mit einem Lächeln im Gesicht. Die Zuneigung zu seinen Figuren und die Hoffnung, die bekanntlich zuletzt stirbt, dass sich alles doch noch zum Guten ändern wird, tragen den Leser auf Händen. Und schlussendlich hat Biagio doch die Möglichkeit sein Leben selbst noch einmal zusammenzufassen. Ende gut alles gut? Das entscheidet jeder für sich selbst. Eine sensibles Thema, raue Umgebung und nicht einmal fallen die Worte, um die es letzten Endes geht… auch an dieser Stelle nicht. Schweigen ist Gold!