Ich bin die, vor der mich meine Mutter gewarnt hat

Es ist eine verrückte Welt, in der Alba aufwächst. Das Tal in ihrer Umgebung wird von einer Brücke überspannt. Eine Sprungschanze für all diejenigen, die es nicht mehr aushalten. Zwei Sekunden Flug und alles ist vorbei. Alba hat es auch schon probiert. Wie ihm Hohn muss sie sich eingestehen versagt zu haben.

Ihr Freundeskreis scheint der Realität entrückt zu sein. Jack heißt eigentlich René und in Eulalias Pass ist Anna als Name eingetragen. Das ist nur die Basis dessen, was dem Autor Demian Lienhard als Grundstock für eine außergewöhnliche Geschichte dient. Im den Titel vor Augen „Ich bin die, vor der mich meine Mutter gewarnt hat“ liest man sich durch die Leichtigkeit der Worte, mit denen Alba ihr Leben im Griff zu haben scheint. Doch die Sanduhr des Lebens zieht sie in einen tiefen Strudel aus Verzweiflung, Hass, Zuneigung, Neubeginn und Absturz hinein.

Da wird dann schon mal probiert die Gesetze der Metaphysik auf den Kopf zu  stellen. Wie verhält es sich beispielsweise, wenn ein Marmeladenbrot auf einer Katze befestigt wird? Murphys Gesetz sagt, dass das Brot immer auf der beschmierten Seite landet. Und der Volksmund weiß, dass Katzen immer auf den Pfoten landen. Alles klar?!

So lustig diese kleine Anekdote anmutet, so ahnt der Leser schon, dass die Geschichte (und jede gute Geschichte kommt nur so voran) bzw. das Leben Albas auf keinem guten Weg ist. Sie driftet ab. Rutscht in einen Sog aus falscher Loyalität, Angepasstheit und Drogen. Happy end inklusive? Man zermartert sich das Hirn wie Albas Weg weiter geht. Ob der Weg überhaupt in eine einzige Richtung verlaufen kann oder ob es noch einmal zu einem (weiteren) dramatischen Wendepunkt kommen kann, ja überhaupt darf.

Demian Lienhard lässt Alba am seidenen Faden zappeln. Er lässt die Zügel schleifen, und reißt sie abrupt mit Vehemenz zurück in ihr eigenes Leben. Sie definiert sich über ihre Taten. Ihr geistiger Vater schlägt mit Worten wild um sich ohne dabei wirklich zu verletzen. Sanft und mit dem unstillbaren Willen zur großartigen Unterhaltung sperrt er den Leser in einen Käfig, aus dem es kein Entrinnen gibt. Fasziniert hetzt man von Seite zu Seite und saugt jeden Satz, jedes Wort, jede Silbe in sich auf. Ein wahrhaft außergewöhnliches Debüt, das Lust macht auf mehr Lienhardsche Phantasien. Das einzig Durchschnittliche an diesem Buch ist die Tatsache, dass jedes Kapitel im Durchschnitt zehn Seiten lang ist.