Hercule Poirots Weihnachten

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Weihnachtfest auf Gorston Hall. Man sitzt vereint zusammen, genießt die deftigen Gaben aus der Küche, lässt so manchen guten Tropfen die Kehle herunter rinnen und lauscht – wenn man einen Gast wie Hercule Poirot schon mal zu Gast hat – blutrünstigen Geschichten. Der Fall liegt hier jedoch etwas anders. Denn der Gastgeber des Familienessens Simeon Lee ist tot. Und erst jetzt hat Hercule Poirot seinen Auftritt. Und auf seine Ausführungen hat keiner so recht Lust.

Simeon Lee war ein echter Tyrann. Schon die Tatsache, dass er seine Familie zum Weihnachtsschmaus einlud, verblüffte. Doch die Ernüchterung trat schnell ein. Simeon Lee kann einfach nicht anders als ein echtes Ekel zu sein. Ein gutes Haar an einer Sache oder an einer Person lasen, ist nicht sein Ding. Und da sich der Schwager von Agatha Christie wieder einen guten, brutalen Mord gewünscht hat, folgte die Queen of crime seinem Wunsch und beförderte den Hausherren sofort ins Jenseits. Das weiß der Leser schon vom Klappentext. Und gleich auf den ersten Seiten werden die potentiellen Täter vorgestellt. Und bei jedem Kapitel, bei jeder Vorstellung der Sippschaft denkt man sich „Der muss es sein!“. Gefolgt von einem „Nein, der war’s“ bzw. wird es sein. Ein herrliches Versteckspiel, das Agatha Christie da zur Weihnachtszeit inszeniert!

Ach ja, Hercule Poirot vervollständigt den Reigen des Familientreffens. Der Connaisseur schreitet dem aristokratischen Anlass entsprechend durch die heiligen Hallen von Gorston Hall. Manchmal jedoch tritt er dabei jemandem gehörig auf die Füße. Das ist ja auch ganz einfach, bei dieser Familie. Da ist Harry, so was wie das schwarze Schaf. Ein Lebemann, der immer Geld gebrauchen kann. Nach Jahren der Abstinenz ist er wieder da. Was die Brüder wundert – sie dachten er wäre tot – und Simeon Lee freut. Alfred ist immer da. Zusammen mit der beherrschten Lydia wohnt er hier, leitet das Familienunternehmen. Was den Simeon Lee freut. George kommt zu Besuch, ein weiterer Sohn. Abgeordneter, seine Frau Magdalene hält dem Weichei den Rücken frei. Das freut Simeon Lee. David und Hilda sind auch angereist. David, das Müttersöhnchen, das den Tod der Mutter immer noch nicht verkraftet hat. Das freut Simeon Lee. Doch zwei weitere Gäste erfreuen den Alten noch viel mehr: Pilar, seine Enkelin, Tochter seiner einzigen Tochter. Sie wuchs in Spanien auf. Und dann ist da noch Stephen Farr. Bereits im Zug machte er die Bekanntschaft der reizenden, naiven, reinen Pilar. Stephen ist der Sohn des ehemaligen Geschäftspartners von Simeon Lee aus Südafrika. Eine illustre Gesellschaft. So bunt, so verschieden, so geheimnisvoll. Und der Alte freut sich über jeden einzelnen. Bis zu seinem letzten Atemzug.

Der, der sich so gern im Blut der eigenen Sippe suhlte, liegt nun in seinem eigenen Saft. Kein schöner Anblick für seine Lieben. Alle lieben sich, weil sich gleichen Blutes sind. Alle hassen sich, weil sie gleichen Blutes sind. Und doch sind die scheinbar Unbeteiligten die mit den größten Geheimnissen…