Held

Alles beginnt wie ein ganz normaler Einbruch. Der Täter trägt Handschuhe, um sich nicht zu verletzen und um natürlich keine Spuren zu hinterlassen. Scheiben klirren. Doch dann setzt ein Zweifeln beim Leser ein. Wieso hat er einen gefüllten Benzinkanister dabei? Der beißende Gestank verteilt sich großflächig in dem Hotel. Aha, ein Hotel muss also dran glauben! Das Haus steht in Flammen. Mittlerweile ist der Hintergrund der Tat offensichtlich: Hass! Hass auf alles, was anders ist als man es hier in Krakeloh kennt. Ausländer. Bloß nicht diese …

Niva hat seine Arbeit getan. Die Rauchsäule, die den Nachthimmel über dem kleinen Ort erhellt, ist sein Werk. Das Hotel, ein ehemaliges Gefängnis (welch bedeutungsvoller Vergleich!), in dem seine Eltern glücklicherweise doch noch eine Anstellung einmal fanden (bis die da kamen) und das der Familie ein Einkommen bescherte, ist nicht mehr. Vor Monaten kamen erste Gerüchte auf. Dass hier Flüchtlinge aufgenommen werden sollten. Dass das Hotel deswegen schließt. Mit Flüchtlingen lässt sich mehr Geld verdienen als mit den wenigen Gästen, die sich hier her verloren haben. Dass überhaupt mal wieder Gäste kommen, nach Krakeloh, in den Ort, in dem die Bewohner Flüchtlinge mit Feuer und Gewalt empfangen, ist wohl auszuschließen. Ja, der Weitblick von Niva ist durch den Hass mehr als vernebelt. Aber was soll man machen, wenn selbst die Mutter offen ausspricht, was der „normale Bürger“ nicht mal zu denken wagt. Weil es falsch ist, nicht, weil es sich nicht gehört, wohl gemerkt!

Die Clique des sechszehnjährigen Niva ist begeistert von dem Feuerchen. Einer kennt sogar den Täter, gratuliert. Während die Community in den sozialen Netzwerken dem anonymen Täter heftig applaudiert. Doch Niva hält die Füße still und den Mund geschlossen. Ein stiller Held ist nichts mehr wert, wenn er einsitzt. Selbst die Polizei kann ihm nichts nachweisen. Erst nach einer weiteren „Dummheit“.

Die Justiz sieht in einer drastischen Strafe – Gefängnis – nur wenig Erziehungsgehalt. Eine Auszeit, mit Arbeit, fernab des Milieus, auch geografisch scheint da die beste Lösung zu sein. Ab in den Süden, der Sonne hinterher … von wegen! Ab in den Süden, Hütten bauen. Hütten für die, die alles verloren haben, selbst, wenn sie so gut wie gar nichts hatten. Nicht einmal mehr eine Heimat. Für Niva, den Nazi, alle wissen um die besonderen Umstände unter denen der Teenager hier seinen Dienst verrichtet, beginnt eine Zeit des Umdenkens…

Harald Schwinger schreibt ganz unaufgeregt – der Leser wird trotzdem gehörig aufgerüttelt – den Werdegang eines alternativlosen Teenagers zu nachdenklichen jungen Mann. Das Buch wurde mit dem Jugendbuchpreis des Landes Kärnten ausgezeichnet.