Geniale Erfindungen made in Berlin

Oft gehört: Berlin erfindet sich immer wieder neu. Mag sein, wenn man sich erinnert wie die Stadt noch vor ein paar Jahrzehnten aussah und mit heute vergleicht. Doch Berlin ist auch eine Stadt, in der viel erfunden wurde, dass man heute noch – unter anderem Namen oder weiterentwickelter Form  – tagtäglich in den Händen halten kann. Gaby Huch hat sich auf die Suche gemacht und Erstaunliches gefunden.

Zu den berühmten Persönlichkeiten der Stadt, die heute kaum noch zu sehen ist, zählte mal der Eckensteher. Ein ruhiger Geselle, meist. Der Körper ohne Spannung, gesenktes Haupt, und wenn er was sagte, dann war es oft unverständlich. Klar, er war betrunken. ‘Ne Molle zu viel! Nicht immer. Einer der geistigen Urväter dieser skurrilen gestalten war Johann Heinrich Leberecht Pistorius. Der Kaufmann hatte eine Leidenschaft für die Wissenschaft und das Ingenieurswesen. Es war gerade einmal ein paar Jahrzehnte her, dass Friedrich der Große, die „Kartoffelbefehle“ erlassen hatte. Diese sind die Grundlage dafür, dass die Deutschen als Kartoffelesser weltweit bekannt wurden. Und Pistorius erfand – deswegen kann man ihn als „geistigen Urvater der Eckensteher“ bezeichnen – einen Apparat, mit dem auf der gelben Knolle ein klarer Geist entsprang, der Kartoffelschnaps. Das Destilliergerät war damals noch ein riesiger Apparat, der riesige Mengen produzieren konnte. Doch schon bald wurde das Verfahren für jedermann zugängig. Die Folgen waren unter anderem eben die Eckensteher.

Und was macht man, wenn einem vom vielen Schnaps der Kopf dröhnt, dass man meint der Kopf würde einem gespalten. Man wirft eine Tablette ein. Eine Spalt am besten. Und wo wurde die erfunden? Na klar, in Berlin. Genauso wie der Frommser. Jahrelang war dieser Begriff Synonym für die einzige (verlässliche) Art der Geburtenkontrolle. Fromms – so hießen die ersten Kondome.

Bleiben wir noch ein bisschen beim Alkohol. So mancher, der nicht nur ein wenig und zu oft und vor allem zu tief ins Glas geschaut hatte, wurde schmerzhaft mit einer endgültigen Nebenwirkung vertraut gemacht. Das Sehvermögen ließ stark nach bis hin zum Verlust des selbigem. Und ja, auch die Blindenschreibmaschine ist eine Erfindung aus Berlin. Louis Braille hatte 1825 die Blindenschrift entwickelt. Es dauerte noch fast ein Jahrhundert, bis diese Schrift all denen zugängig gemacht wurde, die ohne sie auf Bildung verzichten müssten. Oskar Picht hieß ihr Erfinder, und er ließ 1901 seine Maschine zum Patent anmelden.

Dieses Buch liest sich wie ein spannender Western. Pioniergeist, verwegene Gestalten, mutige Draufgänger pflasterten den Weg in die Moderne. Von der Thermoskanne, über die elektrische Straßenbahn, Ohropax, die Erbswurst und den Geigerzähler (eine wahrhaft wilde Mischung) – Berlin ist nicht nur dufte, sondern war stets ein Hort des freien Geistes. Auch wenn die Dampflokomotiven heute meist nur noch als Motive für Selfies herhalten, waren sie doch einst der Motor des Fortschritts. Erfunden von Borsig in Berlin, wo heute noch an namentlicher Stelle an Zügen mehr oder weniger erfolgreich gearbeitet wird. „Geniale Erfindungen made in Berlin“ ist mehr als nur ein Bilderbuch. Die erläuternden Texte sorgen für so manches Ah und Oh.