Ein Haus, ein Stuhl, ein Auto

Erst der Bauch, dann die Moral. So hat es Brecht formuliert. Ihm selbst waren ein behagliches Dach überm Kopf, ein bequemer Stuhl und ein rasanter fahrbarer Untersatz nicht unwichtig. Er wusste sein Geld gut anzulegen, in Immobilien. Da kam wohl der Schwabe in ihm durch…

Ursula Muscheler geht seinem Drang nach Gemütlichkeit, Behaglichkeit und Bequemlichkeit (im physischen Sinne) auf den Grund. Schon in Kindertagen konnte er sich in der elterlichen Wohnung austoben. Die Wohnung war groß genug. Als erfolgreicher Autor im Berlin der 20er Jahre schuf Helene Weigel in der Babelsberger Straße ein Heim zum Wohlfühlen, sein Atelier in der Spichernstraße war ein gemütlicher Ort der Kreativität.

„Ein Haus, ein Stuhl, ein Auto“ lässt Stationen Brechts noch einmal aufblitzen, dieses Mal aber mit dem Sucher der Architektur. Bertolt Brecht ließ sich gern von Designern beraten und sie ihm seine Behausung einrichten. Mogens Voltelen, dänischer Designer, schuf den einen Typ Stuhl, der Brecht lange Zeit begleitete. Heute ist er in der Berliner Chausseestraße 125, dem Brecht-Haus zu bestaunen.

Stil hatte er, der große Dichter, der dem Arbeiter ein Theater gab, und deren Nähe er nun wirklich nicht gerade suchte. Er war Künstler und als solcher wollte er auch alle Annehmlichkeiten genießen. Im Buch reist man mit Brecht noch einmal um die Welt. Während Brecht reisen bzw. fliehen musste, hat der Leser die Chance ganz freiwillig um den Erdball zu kreisen.

Es ist erstaunlich wie oft schon über den Einrichtungsstil Brechts berichtet wurde. Und warum so wenig bisher darüber geschrieben wurde.

Ursula Muscheler macht einen Rundgang durch die Wohnungen, Ateliers und Häuser Bertolt Brechts. Von Augsburg über Berlin, von Südfrankreich ins sonnige Kalifornien und wieder zurück nach Berlin und Skandinavien. Fast so rasant wie der Dichter selbst.

Ein Autonarr war er nicht. Aber wenn er Auto fuhr, dann sportlich. Manchmal übers Ziel hinausschießend. Und er wusste wie er sich ein Auto verdiente. Nur ein paar Zeilen, den Auto-Song, blanke Werbung und schon stand ein Steyr-Cabriolet XII, sein Traumwagen vor der Tür. Nichts Übertriebenes, aber ausreichend, um damit einen Unfall zu bauen, die Knautschzone ein weiteres mal herauszuheben und im Gegenzug ein XX-Modell zu bekommen. Der machte schon mehr her.

Es geht in diesem Buch nun aber nicht darum wie Bertolt Brecht sich seinen Lebensstil ergatterte. Man erhält einen derart umfassenden Einblick in die Lebenswelt eines der erfolgreichsten deutschen Dichter überhaupt. Und mal ehrlich: Der Blick durchs Schlüsselloch ist immer noch der Beste.