Die Spur des kleinen Prinzen

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Auf dem Papier hat es Julius Wortschmidt geschafft: Eine exzellente Anstellung bei einem Pharmakonzern in den USA, eigene Abteilung. Er ist im Hamsterrad der Zahlenoptimierung gefangen und dreht an seinem eigenen Rädchen. Er fasst Arbeitsprozesse in zahlen und verkauft sie an Leute, die sie sowieso gleich wieder vergessen. Da kommt der Bewerber Paul Anders wie gerufen. Auch Deutscher, aus dem gleichen Bundesland, an der gleichen Schule gewesen wie Wortschmidt, die gleiche Theater AG besucht. Und die gleiche Leidenschaft für „Der kleine Prinz“. Wortschmidt kann sogar noch ganze Passagen auswendig. Doch Anders bekommt den Job nicht – kein neuer Freund im Firmengewand.

Dennoch: Der kleine Prinz bzw. die Erinnerungen daran, setzen in Julius Wortschmidt etwas frei. Damals, der Besuch im Zoo, und am Abend die erste Geschichte aus dem Buch der Bücher. Was in seinem Fall „Der kleine Prinz“ war. Er erinnert sich an die Bandproben mit den Freunden, der trauten Gemeinschaft, die – je älter er wurde – nach und nach zerbrach.

Nun ist er ein angesehener Mitarbeiter eines global players, fügt Zahlen aneinander, weist ihnen ihre Bedeutung zu, doch seine einstige Unbekümmertheit blieb im mathematisch gesteuerten Weg nach oben stecken.

Die kurze Begegnung mit dem Bewerber lässt in Julius Wortschmidt zarte Hoffnung aufkeimen. Immer öfter flüchtet er sich – unbewusst – in die Geschichten des kleinen Prinzen, erinnert sich an unschuldige Zeiten, in denen der Forschergeist noch selbst initiiert war. Das Fanal, das Antoine de Saint-Exuperys Buch in ihm auslöste, beginnt von Neuem zu keimen. Mal im Traum, mal in der Realität, immer häufiger ergreift der kleine Prinz von ihm Person. Um ihn herum ist alles echt und plastisch zugleich. Steril kommen ihm Arbeit und Kollegen vor. Lebendig sind nur die Versatzstücke der Kindheit. Selbst eine wahre Begegnung mit der Vergangenheit verkommt zu einem flüchtigen Hallo!

Wortschmidt sieht ein, dass er erwachsen geworden ist, ohne es zu bemerken. Er ist nicht mehr der kleine Prinz, der aufwachsen darf, wie es ihm beliebt. Er ist Teil des Systems. Doch auf dem Höhepunkt seines Schaffens, gelobt er Besserung. Dank der Sanddüne, dem Stern und dem blonden Jungen, der ihm seit Jahrzehnten begleitet…