Die Puppenspielerin

Irreversibel – unumkehrbar. Für Sophie und Sarah nicht nur ein bedeutungsschwangeres Wort, es beschreibt ihr Leben. Sarah und Sophie gibt es nur im Doppelpack. Auch wenn sie mittlerweile jede für sich ihr eigenes Leben führen. Sie sind Schwestern, Zwillingsschwestern. Sarah ist die Ältere.

Doch der Kitt zwischen ihnen ist brüchig geworden. Denn Sarah ist schwer krank. Auch das ist leider unumkehrbar, irreversibel. Sie hatten noch so viel vor. Das Theaterstück, für die Kinder, mit Puppen. Der so arglos benutzte Satz vom Leben, das weitergeht, bekommt unweigerlich eine bittere Note. Zwischen Sorge und Pflichtgefühl, zwischen Verlustangst und Theaterprojekt ist kaum Platz, um sich tiefgreifend mit der aktuellen Situation auseinanderzusetzen.

Und das ist die Stärke dieses Romans. Wehleidige Momente voller Trauer zum falschen Zeitpunkt sucht man vergebens. Alles wegzuschieben ist auch nicht die Sache der Zwillinge. Das bald schon „andere Leben“ wirft seine Schatten voraus. Das „alte Leben“ geht trotzdem weiter. Wie ein fast parallel verlaufender Weg, den man nicht wahrnimmt, der jedoch immer im Augenwinkel da sein wird. Die Angst, dass sich diese beiden Weg einmal kreuzen werden, wird nicht ausgesprochen. Den beiden sind die Erinnerungen und die einstigen gemeinsamen Pläne näher.

Ein Happy end kann Autorin Sibylle Schleicher dem Leser nicht anbieten. Das würde die gefühlvolle Spannung zwischen den beiden Akteuren in Lächerliche ziehen. Der Weg zur (Er-)Lösung gibt dem Buch die Spannung, die Seite für Seite spürbar ist. Nicht vordergründig, dennoch immer vorhanden. Immer wieder ertappt man sich dabei, dass man Sophie und Sarah ein anderes Ende wünscht. Die Puppen, die den beiden als Broterwerb dienen, wenn man es ganz nüchtern betrachtet, sind mehr als nur Freudebringer für kleine Theaterbesucher. Sie sind Werkzeug und Kommunikationsmittel zwischen zwei Menschen, die von Natur aus eine ganz besondere Art der Interaktion haben. Zwillinge verstehen sich blind, sie spüren den Anderen über lange Strecken. Sarah und Sophie leiden gemeinsam ohne das Offensichtliche aussprechen zu müssen. Das ist ihre Art von Glück.