Die Himmelskugel

Berühmte Wissenschaftler sind immer ein gern genommenes Thema für Autoren. Allein über Albert Einstein wurden so viele Bücher geschrieben, dass sie locker ein ganzes Fußballstadion füllen können. Und immer wieder tauchen neue Erkenntnisse über die Protagonisten auf, so dass es sich durchaus lohnt auch immer wieder ein neues Werk zu lesen. Den Fortschritt hält halt niemand auf. Sie ist die Treibfeder des Forscherdrangs.

So muss sich auch Angus fühlen. Der Junge lebt auf St. Helena, eine Insel, die erst über ein Jahrhundert später berühmt werden sollte. Als schlussendliches Exil von Kaiser Napoleon.

Dieser Angus ist ein aufgeweckter Junge. Er beobachtet Vögel: Und weil er zählen kann – keine Selbstverständlichkeit im 17. Jahrhundert – darf/muss er sie auch zählen. Für wissenschaftliche Zwecke. Das ist seine Arbeit bei Tag. Hoch oben in den Bäumen, festgezurrt. Des Nachts hingegen beobachtet er die Sterne. Nicht aus Zeitvertreib. Auch hier wieder: Er kann zählen, und diese Fähigkeit soll er einsetzen.

Von Edmond Halley hat er gehört. Ein großer Wissenschaftler im weit entfernten England. Heute bekannt und immer wieder aus der Mottenkiste gekramt, wenn der von ihm entdeckte und nach ihm benannte Komet in Sichtweite rauscht. Schon allein die Tatsache, dass der Junge Angus von der Insel St. Helena im weit entfernten England (und damals war das eine fast unüberwindbare Entfernung, wenn man kein Seemann war) anlandet, ist ein echtes Abenteuer. Heute würde man ihn als illegal eingereisten Immigranten brandmarken. Kurzum: Als blinder Passagier reist er nach England, zu Halley. Angus ist am Ziel seiner Träume. Er soll Edmond Halley um Hilfe bitten. Denn auf St. Helena stehen die Zeichen auf Sturm.

Nun beginnt für ihn die aufregendste Zeit seines Lebens.

Olli Jalonen schreibt keine umfassende Biographie über einen der berühmtesten Wissenschaftler. Er seziert einen Teil seines Lebens bis ins Kleinste. Europa ist immer noch im Umbruch. Was in der Renaissance begann, wirkt bis heute nach. Die Allmacht der Kirche ist gebrochen. Wissenschaftliche Denkweisen und technische Errungenschaften lassen jahrhunderte alte Denkstrukturen und Dogmen in sich zusammenbrechen. Ein kleiner Junge als Denkanstoß, ein heller Geist und der Drang nach Erkenntnis kollidieren auf engstem Raum. Wer bisher mit Edmond Halley bisher nicht allzu viel in Verbindung brachte, liest man sich schnell in einen Rausch. Ganz behutsam, kein Detail außer Acht lassend, kreiert Olli Jalonen ein Universum, das in sich geschlossen ist, dennoch unendliche Weiten in sich aufnehmen kann.