Die Gärten von Bomarzo

Schon nach ca. zweieinhalb Seiten ist man selbst dem Drang verfallen diese Gärten einmal zu besuchen. Die Gärten von Bomarzo – nie gehört? Is nicht schlimm! Wenn man neugierig und offen bleibt, erschließen sich Faszination und Rätselraten rund um dieses Phänomen von ganz allein. Sucht man bei Google diese Gärten, findet man die Gärten der Ungeheuer. Nördlich von Rom, eine reichliche Stunde von der Ewigen Stadt entfernt. Steinskulpturen, die jeden noch so gut durchdachten Halloweenstreich wie ein leichtes Kitzeln von hinten erscheinen lassen. Man kann in Schlunde hineingehen, gigantischen Monstern die Stirn bieten, ihnen direkt ins Auge schauen. Schaurig? Un’po, ein bisschen. Beeindruckend? Si! Certo!

Also, wie begegnet man den Gärten, und wie begegnet man diesem Buch? Ins Regal greifen. Zur Kasse gehen. Und schon bei Rausgehen darin blättern. Stolpern, weil man sofort ins Buch vertieft ist, ist erlaubt, wenn nicht sogar notwendig. Und dann taucht man ein in eine Welt, die sich bis heute niemandem vollständig erschlossen hat.

Gärten sind einfach da. Schon seit … ja, seit wann eigentlich? Und warum? Was soll das alles? Allesamt Fragen, die in den Hintergrund treten, folgt man Hella S. Haasse, der „Grote Dame“ der niederländischen Literatur. In ihrem Schaffen drang Italien zur Zeit der Renaissance in ihr Berufsleben. Sie hörte von den geheimnisvollen Gärten. Wollte mehr wissen. Doch es gab kaum Bücher und Schriften dazu. Als Berufsneugierige machte sie sich selbst auf Spurensuche. Fand und las alles dazu. Und machte sich ihren eigenen Reim auf das, was im Wege steht, ihre Wege kreuzt und nur darauf zu warten schien endlich einen Wegbereiter gefunden zu haben.

Die geheimnisvollen Skulpturen wirken in erster Linie einschüchternd. Doch ihre Starre nimmt ihnen den Schreckensreiz. Hella S. Haasse kann sich einfach nicht satt sehen. Und sie wird auch nicht müde jede noch so kleine historische Begebenheit in ihr Nachforschen einfließen zu lassen. Da kommen mehr oder weniger berühmte Familien wie die Orsini ins Spiel, die sich ihr Refugium errichteten. Schlussendlich kann auch die Autorin nicht jedes Mysterium, das diesen eindrucksvollen Platz umgibt, lösen. Darin liegt sicher auch die Stärke ihrer Ausführungen. Jetzt ist man selbst gefordert. Im dichten Wald einmal selbst dem Schrecken ins Gesicht schauen. Mit dem Hintergrundwissen aus diesem Buch – mehr als nur eine Zusammenfassung von dem, was es schon einmal gab – wird jeder vorsichtige Schritt zwischen Höllenhunden und Höllenschlunden zu einem Abenteuer, bei dem sogar Indiana Jones resigniert das Handtuch werfen würde.

Es gibt Reisebücher zu Ländern, zu Regionen, zu Städten und Landstrichen. Aber ein Kulturreiseband über einen Park in dieser Stärke – buchstäblich wie im übertragenen Sinne – sucht man vergebens. Hella S. Haasse stößt nicht nur eine Nische auf, sie füllt sie bis zum letzten Buchstaben.