Die Amerikafalle

Mehrere Wochen Amerika – und dann wird es „nur“ Bowling Green, Ohio. Könnte man meinen, aber Martin Amanshauser nutzt die Lehrtätigkeit an der örtlichen Uni zu einem Selbstfindungstrip.

Bowling Green im so genannten Swing State Ohio – hier können die politischen Mehrheitsverhältnisse von Wahl zu Wahl wechseln – mag auf den ersten Blick nicht unbedingt die Nummer-Eins-Wahl sein, wenn man Amerika besucht. Ein Land, das San Francisco, Chicago, New York und New Orleans im Angebot hat. Doch Martin Amanshauser findet dieses Städtchen durchaus repräsentativ, wenn man herausfinden möchte, wie man Amerika denn nun – für sich selbst – beurteilen möchte.

Als Erstes fällt ihm die unverblümte Freundlichkeit auf. Ein Smalltalk ist leicht begonnen. Das mag daran liegen, dass das Fremde erst einmal neugierig macht. Schließlich ist das heutige Amerika aus dem Fremden entstanden. Selbst der Präsident ist erst die dritte Generation im Lande…

Es sind die kleinen Dinge, die man im Kopf behält, wenn man das große Ganze betrachten möchte. Ein Autokauf. Sein Saturn hatte bestimmt schon bessere Zeiten erlebt. Autopflege steht in Bowling Green eh nicht an erster Stelle der Bürgerpflicht, das Auto wird schon halten. Nur bedingt, wie er recht bald feststellen muss. Doch mit ein wenig Geschick wird der Fehlerteufel vertrieben.

Amerika ist nicht das Ende der Welt. Vieles im Land der unbeschränkten Möglichkeiten ähnelt dem im heimischen Österreich. Martin Amanshauser ist außerdem seit Jahren gut beschäftigter Reisejournalist, dem so schnell nichts umhaut. Aha-Effekte erkennt er aber trotzdem noch und freut sich jedes Mal, wenn sie ihm begegnen. Als Leser hat man in ihm einen fachkundigen und neugierigen Kundschafter, der vieles anzeigt, doch nichts vorwegnimmt.

Wer will kann Amerika auf den Leim gehen. Wer will kann aber auch dieses Buch lesen und Amerika eben nicht auf den Leim gehen. Denn es geht nicht darum Werbung für ein Land zu machen, das gar nicht beworben werden dürfte. Der Autor hatte so seine Bedenken gegenüber Amerika. Doch was ist das: Amerika? Es sind doch die Menschen, die einen beeindrucken oder eben nicht. Keine Bauwerke oder Monumente von Mutter Natur und von Menschenhand erschaffen. Und wer sich von Politik und ihren Führern die Lust auf ein Land verleiden lässt, ist eh schwer um zu stimmen.

Wer offen ist, wird sich mit diesem Buch mehr als nur gut unterhalten fühlen. Martin Amanshausers Anmerkungen, Geschichten und Anekdoten zu folgen, ist eine wahre Lust. Er ist weit davon entfernt alles durch die rosarote Brille zu sehen. Sein Blick bleibt scharf. Wenn ihm was nicht passt, schreibt er es auf. Aber – und dieses Aber kann man gar nicht groß genug schreiben – er versucht dem Grund dafür herauszufinden. Eine Fähigkeit, die in der Gegenwart wo auch immer langsam aber sicher zu vergessen droht.