Der Tote, der nicht sterben konnte

Es heißt, dass den Tod vor Augen das Leben noch einmal an einem vorüberzieht. Martin Heinz hat den Tod vor Augen, eine Leitschiene wird sich jeden Moment in seinem Körper bohren und Magen, Darm und Nieren zu Brei zermalmen. Nur eines im Leben ist sicher, der Tod. Außer bei Martin Heinz.

Blau-weiß-rot sind nicht nur Trikolore und Union Jack, sondern auch sein Körper. Blau der Penis – das Blut schoss ihm kurz vor der Durchbohrung ins Gemächt und gerann sofort. Weiß sein Körper wie eine frisch gedeckte Kaffeetafel. Rot das Loch, wo die Mitte des Körpers liegt. Den Ärzten ist er ein Rätsel. Den Menschen in dem kleinen Ort in Österreich ist er ein Wunder. Noch hält sich die Meute der Journalisten fern von ihm. Seine Familie weiß auch nicht wie sie jetzt damit, mit ihm, dem Zombie umgehen soll. Ein echter Zombie ist Martin Heinz aber gar nicht, denn dazu müsste er erst einmal richtig tot gewesen sein…

Martin Heinz will sterben, er kann es aber nicht. Sein Lebenswille ist nicht mehr existent. Und schlafen kann er auch nicht mehr. Seine Körpertemperatur stagniert bei fünf Grad Celsius. Sex – die besten Voraussetzungen bringt er ja immer noch mit – ist auch keine Lösung.

Als weitere Fälle des Ambrosia-Virus auftauchen – inzwischen weiß man, dass ein Virus die Ursache für die seltsame lebensverlängernde Erscheinung ist – wird Martin Heinz wieder aktiv. Er sucht den Tod. Im Hades. In Nevada. Als er ihn endlich trifft, ist die Zusammenkunft mehr als ernüchternd. Denn der Gevatter beliebt zu spotten. Oder hat er auch bloß keine Ahnung?

Die Lager, in denen die Ambrosianer, wie die vom Supervirus Betroffenen genannt werden, wachsen an. Fluktuation kann es nicht geben, da ja niemand sterben kann. Positiver Nebeneffekt: Krieg werden völlig sinnlos. Das sind sie auch schon vorher gewesen, nur haben das nie alle bemerkt. Eine perfekte Welt? Ja! Allerdings keine ganz perfekte Welt…

Hermann Knapp beginnt „Der Tot, der nicht sterben konnte“ als ironisches Stück, das den Leser schmunzeln lässt. Im Laufe der Seiten wandelt sich das Blatt und immer klarere werden die unausweichlichen Konsequenzen der Unsterblichkeit. Immer noch schmunzelnd muss der Leser miterleben, dass auch in einer perfekten Welt jede Medaille zwei Seiten hat. Nur leider hat dieses Buch ein Ende.