Der kunstfertige Fälscher

Sizilien in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. In den Straßen ist ein unruhig. Eine Beerdigung. Das Klappern eines Blindenstocks lässt so manchen den Blick heben. Sie sehen … einen alten Bekannten. Können es kaum glauben. Sie sind doch … Paolo Ciulla. Sì! Er ist es. Immer mehr Menschen erkennen den gebrochenen Mann. Sie erinnern sich gut an ihn. Vor allem an seine Taten. Er war lange weg. Wie schon so oft zuvor. Er saß doch mal auf der Anklagebank. Damals vor vielen Jahren. Ist er wieder draußen? Scheint so.

Ja, Paolo Ciulla war mal eine echte Berühmtheit. Ein Künstler. Allerdings ohne den entscheidenden Durchbruch. Mit Stipendium gen Neapel entsandt. Zum Kunststudium. War sogar in Paris. Bei Pablo und Amadeo (Picasso und Modigliani). Das kann man alles nachlesen. Nur ein paar Jahre sind nicht nachweisbar. Da war er in Südamerika. Auch wenig erfolgversprechend.

Als Fotokünstler hat er sich hervorgetan. Verkaufte Haus und Grund der Eltern, baute sich eine eigene Existenz auf. War politisch aktiv. Schon immer einer mit eigenem Kopf. Als Kind kaum zu bändigen.

Ach ja. Und Fälscher war er. Produzierte Geld, das besser war als das Original. Bis man ihm auf die Schliche kam. Mit internationaler Unterstützung aus den USA. Denn auch dort wurden die Blüten in Umlauf gebracht. Dass der Staat selber – später, nach Ciulla – einmal sich selbst mit den eigenen Lira eigentlich hätte anzeigen müssen… das ist eine andere Geschichte.

Maria Attanasio wurde gebeten einen Beitrag zu schreiben als die Lira dem Euro Platz machen sollte. Erst nach langer Denkpause kam ihr die wahre  Geschichte von Paolo Ciulla wieder in den Sinn. Ein Mann, der seine Fähigkeit als Maler und Zeichner nutzte, um denen unter die Arme zu greifen, denen sonst ein Bein gestellt wurde. Er verteilte Blüten wie ein agiler Händler Kostproben. Doch er tat es nicht zum Selbstzweck, sondern um zu helfen.

Die Behörden kannten das Problem. Konnten aber niemanden habhaft machen. Erst ein Verrat in den eigenen Reihen ließ das sozialistische Projekt auffliegen. Er gesteht reumütig. Seine Kumpane leugnen jede Mitwisser- und Mittäterschaft. Er scheut nicht seiner Sache persönliche Größe hinzuzufügen. Letztendlich ist er ein kranker Mann, der nie den Ruhm suchte, ihn im Kleinen jedoch fand.

Das Sizilien zu Ciullas Zeit war der vergessene Ort des Fortschritts. Analphabetentum, Großgrundbesitzer und der Machtaufbau der Mafia werfen ihre Schatten voraus. In zwischendrin das faschistische Wurzelwerk. Kein Nährboden für große Träume. Maria Attanasio öffnet ein Kapitel sizilianischer Geschichte, das lange geschlossen war. Unermüdlich recherchierte sie über das Leben eines wahrhaften Helden.