Der Herr der Ringe

Es sind nur noch ein paar Millionen verkaufte Exemplare weltweit bis „Der Herr der Ringe“ auf dem Treppchen stehen und die Bronzemedaille für den drittmeist verkauften Roman in Empfang nehmen kann. Vielleicht reicht es sogar für Silber. Einhundertfünfzig Millionen Mal ein Leuchten in den Augen, gebannte und unbändige Vorfreude gepaart mit der mit Spannung erbrachten Erkenntnis, dass Bücher allen Unkenrufen zum Trotze wohl doch nicht aus der Mode kommen werden.

Fast siebzig Jahre hat die Trilogie schon auf dem Buchrücken. Auf diesem Rücken sind Generationen von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen ins Reich der Phantasie entschwunden, haben sich in Abenteuern selbst wieder erkannt oder / und ließen sich nach Mittelerde entführen um nur einer Gefahr ausgesetzt zu sein: Dem Wissen, dass auch dieses Abenteuer eine Ende haben wird. Dem kann man nur das Immer-Wieder-Lesen entgegensetzen.

Mitte der Fünfziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts hat J.R.R. Tolkien seiner Phantasie freien Lauf gelassen und schuf dieses monumentale Werk. Dann versank es fast in der Versenkung. Der Titel blieb in vielen Köpfen hängen, aber von einem Kassenerfolg konnte sehr lange nicht die Rede sein. Bis, ja bis die große Leinwand die Romane einmal mehr entdeckte.

Romanverfilmungen haben es immer schwer. Sie müssen sich mit einem Werk messen, dass bereits eine Fangemeinde hinter sich schart. Und diese gemeinde ist sehr kritisch. Bei „Der Herr der Ringe“ schien der Erfolg aber planbar. Ein Regisseur, der Cineasten die Augen aufreißen ließ, und ein Stoff, der schon Generationen begeisterte. Und mit einem Mal war ein zweites Universum geboren, das zum ersten Mal die Unendlichkeit greifbar zu machen schien. Stundenlanges Kinoerlebnis, das fast schon dem Lesemarathon der Trilogie – immerhin sind es in dieser Ausgabe fast eintausendsechshundert Seiten – gleichkam. Anfangs als TV-Fesselband an Feiertagen gehört die Peter-Jackson-Verfilmung mittlerweile zum festen Bestandteil eines erfolgreichen und vor allem sehr langen Fernsehabends. Immer wieder flimmern Frodo und seine Gefährten über die Mattscheiben, erstarrt man vor dem Bombast gigantischer Szenen und fiebert dem Fortgang der Geschichte entgegen. Bald auch schon in Serie…

Zum Inhalt des Buches muss man nicht mehr viel sagen. Wohl aber zur Geschichte selbst. Liest man die ersten Ausgaben des Buches und deren Übersetzungen heutzutage, so erkennt man doch relativ schnell die Zeit, in die Geschichte entstand. Die Übersetzung von Wolfgang Krege entstaubt das mancherorts piefige Antlitz und transformiert den Stoff katapultartig in die Gegenwart. Ohne sich dabei szenetypischer Wortwucht zu bedienen. Alles fließt in die Gedankengänge des Lesers, zieht ihn wie eh und je in den Bann des Stoffes und spukt ihn wieder aus, ohne fahlen Beigeschmack. Die Trilogie liest man nicht einfach mal so nebenbei – hier schwebt man durch ein Universum, das bekannter zu sein scheint als man es vermuten mag. Selbst beim zigsten Mal Lesen wird man Neues in und zwischen den Zeilen entdecken. Was will man mehr?!