Das Geständnis

Das kann doch mal passieren: Da verwechselt man mal einen Buchsteban oder einen Neman. Der Schriftsteller Mizuno erwacht eines Morgens und weiß sofort, dass er einen solchen Fehler in seinen Roman eingebaut hat. Unbewusst! Sofort meldet er sich in der Redaktion der Zeitschrift, bei der sein Roman erscheinen soll. Den Abgabetermin hatte er schon um drei Tage überschritten. Und deswegen erklärt man ihm unmissverständlich, dass es für eine Korrektur längst zu spät sei. Mh, was nun?

Denn der Fehler ist kein kleiner, und er könnte, nach Mizunos Auffassung noch viel weitreichendere Folgen haben. Mizuno ist der perfekte Mord gelungen. Literarisch. Wie immer hat er für seine Figuren bekannte Personen verwendet, ihr Aussehen, ihre Angewohnheiten und … vor allem … ihre Namen verfremdet. Dieses Mal ist es sein Schriftsteller-Kollege Kodama, den er einem fiesen mord zum Opfer fallen lässt. Kodama, so nennt er ihn im Roman. Kojima heißt er in Wirklichkeit. Man kennt sich, grüßt sich, mehr aber auch nicht. Eine gesunde Distanz. Blöd nur, dass auf den aus dem fiktiven Kodama der reale Kojima geworden ist. Der wird sicher sauer sein. Aber vor allem könnte ein begieriger Leser der Geschichte sich dazu „verpflichtet fühlen“ in die Rolle des Schattenmanns zu schlüpfen und „in echt“ den realen Kodama / Kojima ins Jenseits befördern.

Und was, wenn die Polizei der Geschichte auf die Spur kommt, daraus schlussfolgert, dass Mizuno eine Anleitung zum perfekten Mord gegeben hat? Puh, das kann ganz schön knifflig werden. Zumal Mizuno alles – ALLES! – in seiner Geschichte detailliert aufgeschrieben hat. Mizuno braucht jetzt schon mal ein Alibi. Vorausschauend muss er jetzt sein – wäre er das mal vor ein paar Tagen gewesne als er die letzten Seiten geschrieben hat.

Fräulein Hindenburg könnte die Rettung sein. Eine Prostituierte aus Deutschland, daher der eigenwillige Name. Mizuno zahlt im Voraus, man ist sich einig. Vielleicht ist er aber auch übervorsichtig und der 25. – der Todestag von Kodama / Kojima – wird gar nicht so schlimm werden.

Autor Jun’ichirō Tanizaki gibt seinem fiktiven Kollegen Mizuno keine Chance. Kojima stirbt. Mord. Und natürlich sitzt Mizuno bald schon der Polizei gegenüber… Mizuno drängt sich ein böser Verdacht auf. Wer weiß alles von dem Fehler in dem Manuskript? Und wer könnte darin eine Chance sehen dem Autor eines auszuwischen?

Bis zur letzten Seite rätselt man wie denn nun der Titel des verworrenen Krimis zustande gekommen ist. Erst auf den letzten Zeilen kommt die Wahrheit ans Licht. Wer es sich angewöhnt hat letzte Seiten eines Buches immer zuerst zu lesen, bekommt hier die Lektion seines Lebens. Ein Buch beginnt mit der ersten Seite. So war es, so ist es, so soll bleiben! Denn sonst verpasst man die Spannung eines Romans, der fast hundert Jahre nach einer Premiere nichts von seiner Intensität verloren hat.