Aufzeichnungen eines Serienmörders

Byongsu Kim befindet sich seiner Meinung nach in der dritten Phase seines Lebens. Nach Kindheit und Erwachsensein genießt er nun das Rentnerleben. Doch das Leben hält eine vierte Phase für ihn parat: Das Vergessen. Alzheimer. Was gestern war, liegt im Nebel. Bald auch das, was einmal war. Byongsu Kim ist aber ein normaler Rentner. Und seine Erwachsenenphase war es keinesfalls. Denn er war Killer.

Alles begann als er mit sechzehn den prügelnden Vater das Handwerk legte. Es folgten Jahrzehnte des Mordens. Unhi, seine Tochter, ist mehr oder weniger direkt die Folge seines Berufes. Er adoptierte sie als ihre Mutter nicht mehr ihre Mutter sein durfte, so Byongsu Kims Wille. Das Leben plätschert so vor sich hin. Bis er eines Tages Jutae Park begegnet. Offensichtlich ein Kollege. Byongsu Kim kann es noch erkennen, ob jemand aus seiner Gilde seinen Weg kreuzt. Und immer öfter kreuzt Jutae Park in der Nachbarschaft auf.

Und das gerade jetzt, als Unhi ihrem Vater den neuen Mann an ihrer Seite vorstellen möchte. Offenbar ein Jäger – das schließt Byongsu Kim aus dem Fahrzeug. Doch er erkennt den Mann nicht. Nicht sofort. Denn der Mann, der Unhi einmal heiraten will, ist Jutae Park. Der Mann, den Byongsu Kim umbringen muss, damit der nicht mit ihm oder Unhi dasselbe tun kann. Und das muss schnell gehen, bevor Jutae Park endgültig aus dem Gedächtnis des pensionierten Killers verschwindet.

Die Zeilen, das Tagebuch, das der Killer Byongsu Kim führt, klingt schlüssig. Er hat in seinem Leben viele Menschen umgebracht. Aus Reue hat er die Tochter eines der Opfer zu sich genommen. Im Alter lässt sein Gedächtnis nach, zur Vorbeugung führt er Tagebuch. Und der Jutae Park ist der Geheimnisvolle, der Mann im Dunkeln, der, den Byongsu Kim – als letzten Akt – beseitigen muss. Doch es ist alles ganz anders!

In Korea waren King Young-Has „Aufzeichnungen eines Serienmörders“ die Buchsensation des Jahres. Er selbst ist ein gefeierter und geehrter Autor. Endlich nun ist dieses Werk auf Deutsch erhältlich. Was wie ein Katzenjammer beginnt wandelt sich im Laufe des Umblätterns in einen Thriller noir, der weltweit seinesgleichen sucht. Je weiter man im Tagebuch blättert, je deutlicher wird der Widerspruch zwischen Realität und Einbildung – wunderbar durch die immer mehr verblassende Schwärze der Seitenzahlen. Wenn das Gedächtnis einem so viele Streiche spielt, dass man schlussendlich nur noch eine Wahl hat – zu kapitulieren – kann man als Leser nur hoffen, dass der Wahnsinn kein Ende findet. Die Erlösung wird dem Protagonisten verwehrt, dem Leser steht ein überraschendes Ende bevor…