Auf Schienen um die ganze Welt

auf-schienen-um-die-ganze-welt

Mit dem Zug reisen, ist eine ganz besondere Art die Welt zu erkunden. Man ist ein Gefangener der Technik. Mit dem Kauf der Fahrkarte hat man keinen Einfluss mehr auf die Streckenführung. Abfahrt- und Ankunftszeit sind vorbestimmt. Was die Planung erheblich vereinfacht.

Die Planung von Kristian Ditlev Jensen war allerdings nicht einfach. Für ein Magazin sollte / wollte er um die Welt reisen. Im Zug. Die Redaktion half bei den Vorbereitungen, den Rest musste er allein bewältigen. Das Ergebnis: Dieses Buch. So entschleunigt die Fahrten von A nach B, so fesselnd sind seine Ausführungen. Schon auf den ersten Seiten fragt man sich: Warum in die Ferne schweifen? Dänemark – der Autor ist Däne und startet somit folglich auch in Dänemark – ist so facettenreich wie der Rest der Welt. Nur halt eben nicht so weitläufig.

Zwölf Reisen sind auf diese Art zusammengekommen. Und gleich der erste Trip, in Japan, hat so gar nichts mit dem Untertitel des Buches zu tun. „Von der Köstlichkeit des langsamen Reisens“ – im Shinkansen ein Treppenwitz. Knapp dreihundert Kilometer frisst sich der Stahlkoloss durch die Gebirgsketten des Inselstaates. Zweihundertachtzig ka-em-ha! Langsam sieht anders aus! Doch kein Rattern und kein Ruckeln stören das Erlebnis Zugreise. Im Gegenteil. Das Fehlen von jeglicher akustischer Ablenkung erlaubt es Kristian Ditlev Jensen seine Mitstreiter genauestens zu beobachten. Und in deren Kultur einzutauchen. Kurze Zwischenstopps lassen das Ende der Fahrt erahnen und unweigerlich näherkommen. Riesige Entfernungen gehören hier bald ins Reich der vergessenen Fabeln.

Ob von einem New ins Andere – man könnte auch sagen von einem Big ins Andere – gemeint sind New York und New Orleans, hoch in den Anden in Peru, quer durch Australien, von einem Moloch in den anderen (Shanghai – Peking) oder durch die heimatlichen Gefilde: Kristian Ditlev Jensen findet immer das richtige Thema. Es schaut nicht nur aus dem Fenster, macht Ah und Oh. Jedes Land hat so seine Eigenarten, also die Menschen, natürlich. Und die interessieren den Reisejournalisten mit dem vermeintlichen Traumjob.

Als Leser ist man in einer ähnlichen Lage wie der Autor. Das Ziel ist klar, doch welche Route genommen wird, erfährt man erst on the road. Ein kleiner Abstecher nach Kulinarien, ein Zwischenstopp in Drogistan, Fotostopp im Feine-Nasen-Land. Wer Schenkelklopfer erwartet muss in die zweite Klasse umsteigen. Hier wird First-Class geschrieben, gelebt und genossen. Wer vor oder auf Reisen immer vor der Frage steht, welchen Schmöker er denn nun zum Zeitvertreib verschlingen soll, dem sei dieses Buch als Appetizer empfohlen.