Archiv der Kategorie: Links und rechts der Adria

Udine – Trends, Tajut und Tiepolo

Udine - Trends, Tajut und Tiepolo

Udine ist eine Stadt, die seit jeher im übermächtigen Schatten Venedigs stand. Und das nicht nur symbolisch. Einst hatten die Dogen Venedigs hier das Sagen. Doch die Stadt ergibt sich nicht ihrem Schicksal, sie sieht es als Chance. Venedig – der ewig überlaufene Kitsch-Moloch – auf der einen Seite. Udine – die Perle des Friaul – auf der anderen. „Mal eben schnell rüber nach Italien“ – da ist Udine eine perfekte Wahl. Klassisch-schöne Paläste, einladende Einkaufsstraßen und eine appetitanregende Küche, die an jeder Ecke eine neue Gaumenfreude parat hält.

Evelyn Rupperti kennt Udine wie ihre Handtasche. Ohne viel Herumkramerei weist sie dem unkundigen Besucher den Weg in die lauschigsten Gassen, zu den anregendsten Speisetempeln, und sie führt kundig durch die sehenswerte Stadt. Der Reiseband liest sich wie eine Liebeserklärung an ein ungerecht unbeachtetes Kind. Schön und ruhig liegt es da – kein Grund zur Klage. Und doch wird es nicht so recht beachtet.

Das ändert sich von nun an.

Auf einen Tajut in der Stadt. Der Tajut ist ein kleiner Schluck zwischendurch. Ein Schluck Wein. Ein Tokaji. Den Namensstreit haben die Friuler gegen Ungarn verloren. Nur noch ungarische Tokajer darf sich so nennen. Nichts desto trotz genießen die Einheimischen ihren Taj. Nicht nur, um nicht aufzufallen, sollte man es ihnen gleichtun…

Als Einkaufsparadies ist Udine ein Glücksfall. Schon vor den Toren der Stadt warten unzählige Möglichkeiten. Doch dann verpasst man die historischen Bauten der Stadt. Lieber die riesigen Zentren des Konsums passieren und in der Stadt einkaufen. Das Erlebnis zwischen venezianischen Bauten und durch wohlgeformte Arkaden zu wandeln (und zu konsumieren), ist mit keinem standardisierten Einheits-Malls zu vergleichen.

Egal, zu welcher Jahreszeit man Udine besucht – mit diesem Reiseband ist man für jede Situation exzellent vorbereitet. Ob als Tages- oder Dauerurlauber: Udine ist mehr als nur die Stadt, die Oliver Bierhoff zum Fußballer von Weltformat reifen ließ. Udine ist eine echte Alternative zum Trubel in Venedig. Zu diesem Buch gibt es allerdings keine Alteranative.

Mediterran genießen

Mediterran genießen

Sich den Urlaub auf den Tisch zaubern? Das geht ganz einfach. Wenn ´man den richtigen Ratgeber hat. Cornelia Schinharl ist die Autorin eines solchen Ratgebers. „Verwöhnrezepte rund ums Mittelmeer“ heißt es im Untertitel. Klingt großartig, ist in Wirklichkeit viel besser.

Wer von mediterraner Küche spricht, denkt oft an Pasta, Antipasti, Tapas, Fischgerichte. Doch das Mittelmeer mit seiner Küche ist mehr als nur bella Italia oder die eine oder andere Costa der iberischen Halbinsel. Labaneh zum Beispiel ist eine Art Frischkäsebällchen aus Joghurt aus dem Libanon. Denn auch der gehört zum Mittelmeer! Sahnejoghurt, Chilischote, Limette, Minze oder Koriander, Olivenöl. 30 Minuten Zubereitung, und dann nur noch ein bis zwei Tage abtropfen lassen. Das liest sich doch schon mal lecker. Oder?!

Marokko wartet mit Pastella auf. Frankreich mit Senf-Linsen. Griechenland mit Moussaka. Kroatien mit Okra-Topf. Israel mit Falafel.

Schon die bloße Aufzählung einiger vorgestellter Gerichte lässt so manch schöne Stunde am Mittelmeer vor dem geistigen Auge und der frohlockenden Zunge vorbeiziehen. Ob nun Ägypten oder Syrien, ob Türkei oder Italien – hier kommt jeder auf seine Kosten. Suppen, Pasta, Gemüse, Fisch, Geflügel oder Desserts – der Gabentisch ist angerichtet. Zugreifen, Nachkochen, Genießen.

Die eindrucksvollen Bilder von Alexander Walter erhöhen den Appetit und machen Lust auf mehr. So umfangreich und vielfältig wird die Mittelmeerregion selten dargestellt. In den Küchen der Nationen treffen Geschmäcker auf Feinschmecker, die jeden Bissen genießen können.

Der Leser dieses Buches wird sich in jedem Fall gesund, reichhaltig und abwechslungsreich ernähren. Und sich ein Stück Urlaub an den heimischen Herd holen.

Altes Handwerk in Venedig

Altes Handwerk in Venedig

Wenn ein Ort mit einer besonderen Handwerkskunst wirbt, deren Erzeugnisse man dann als besonderes Mitbringsel den Daheimgebliebenen überreichen kann, hat das oft den bitteren Beigeschmack des Kitschigen. In Orten an der Küste kann man Gefäße mit einem Anker mitnehmen. In den Bergen mit Wildtieren. Das sieht im ersten Moment ganz hübsch aus, aber sobald die Urlaubsstimmung verflogen ist, wirkt es billig.

Kitsch und Venedig – eine durchaus vorstellbare Verbindung. Eine kleine Gondel hier, eine Karnevalsmaske da. Und alles Made in … na jedenfalls nicht Made in Venice. Jana Revedin hat sich auf die Suche nach dem Gegenstück zur Touristenmassenproduktion begeben. Und sie wurde fündig! Wer allerdings diese Handwerkserzeugnisse mit nach Hause nehmen will, muss richtig tief in die Tasche greifen. Manches ist so besonders venezianisch, dass man es gar nicht mit nach Hause nehmen kann.

Die Autorin besucht unter anderem Carlo Capovilla. Er hat sich auf Hochsitze der besonderen Art spezialisiert. Hoch auf den Dächern der Stadt sieht der aufmerksame Besucher eigenartige Holzkonstruktionen. Terrassen auf dem Dach – Altana genannt. Von hier lässt sich das Treiben auf den Kanälen aus sicherer Entfernung betrachten. Gerade in den Sommermonaten, wenn die Stadt aus allen Nähten platzt ein Ruheort. Denn schließlich vervierhundertfacht sich die Einwohnerzahl der Lagunenstadt jährlich. Man stelle sich dies in einer Stadt wie Shanghai mit weit über 20 Millionen Einwohnern vor…

Wer in Venedig das Glück hat einen echten Palazzo zu besichtigen, dem fällt der schmucke Terrazzo auf. Roberto Patrizio fertigt diese fliegenden Marmorteppiche an. Kleine farbige Steine schimmern in den schillerndsten Farben und verleihen den Räumen eine gewisse Eleganz. Für die Autorin und ihren Fotografen Gernot Gleiss öffnet er sogar sein Lager. Hier lagern unzählige Marmorbruchstücke: Breccia Pernice gibt ein feuriges Rot, Verde Piave ein geheimnisvolles Grün usw.

Auch Steffano Gottardo gewährt den beiden Einlass in seine Werkstatt. Er darf das Siegel „Made in Venice“ auf seine Erzeugnisse kleben. Er stellt die echten, die wahren Karnevalsmasken her. In Handarbeit – versteht sich. Touristen sind ihm nicht willkommen. Ein Schild am Fenster seiner Werkstatt gibt dies zu verstehen – „No photos please“ – prangt da in Großbuchstaben.

Bücher über Venedig gibt es sie Sand in der Lagune. Doch keines zeigt so eindrucksvoll das wahre Gesicht der einstigen Handelsmetropole wie dieses Buch. Authentisch und ganz nah dran am Leben in einer der meistbesuchten Städte der Welt.

La casa sulla strada

La casa sulla strada

Mit Speck fängt man Mäuse. Sonnenblumenmeere, Olivenhaine, Weinberge. Italien. Bilderbuch- bzw. Katalogidylle an den wogenden Wellen der Adria. Familie Gertz hat sich nun doch entschieden sich in einem dauerhaften Ferienplatz in Italien einzurichten. Die Entscheidung über das Wo ist allerdings nicht ganz so einfach. Freunde haben sich in der Toskana eingenistet. Kurzum: Den Gertz’schen Familienclan zieht es in die Marken.

Doch die Suche nach dem geeigneten Unterstand für die Gertz – samt Hund – entwickelt sich schwieriger als gedacht. Unterstützung kommt von Geometer Massi. Der kann sogar mit einer deutschen Sekretärin aufwarten.

Was sich anfangs wie eine typisch deutsche Auswanderer-Odyssee anfühlt, wird schnell zum sprachgewaltigen Exkurs in die sonnigerer Gefilde. Das Häuschen an der Straße (La casa sulla strada) soll perfekt sein. Und zwar in einer Region, die uns Deutschen beim ersten Erschallen des Namens nicht allzu viel sagt: Marken, italienisch Marche.

Helmut F. Graetz – die Nähe zum Namen der Helden des Roman, Gertz, ist sicherlich gewollt – sprengt mit seiner im Laufe der Jahre angelernten Wortvielfalt das Klischee des tumben Deutschen, der „hier einfach keine Zukunft mehr sieht“, ab den ersten Seiten hinweg. Ein gewisses Maß an Dudenfestigkeit verlangt er seinen Lesern schon ab.

Frühstück in naturgegebener Ruhe, jeden Tag, die Aussicht auf Weinberge und ein Leben wie man es sich ureigen erträumt hat – der Grundstein dafür soll eben dieses kleine Häuschen an der Straße sein. Ein Abenteuer wird es schlussendlich doch.

Wer Italien liebt, ein gewisses Maß fürs Maßhalten mitbringt, wer sich an ausgedehnten Satzkonstruktionen ergötzen kann, wem die TV-Auswanderer-Stars auf den Zeiger gehen, der wird „La casa sulla strada“ lieben. Auswandern leicht gemacht – das gibt es nicht. Die Heimat hinter sich zu lassen – egal für wie lange – ist immer ein Kraftakt. Physisch wie psychisch.

Vom Starnberger See in die Weiten der Marken – von einem Paradies ins andere. Hier die schneebedeckten Gipfel der Alpen, da die flirrende Luft vor den Hängen des Apennins. Hier eine zünftige Brotzeit, da olivenölgetränktes Gemüse. Hier eine anständige Maß Bier, da ein gepflegtes Glas Vino rosso. Auf den ersten Blick eine einfache Entscheidung. Familie Gertz macht sie sich nicht einfach. Vorbereitung ist alles. Ein Ratschlag, den so mancher Auswanderer beherzigen sollte.

Tierische Profite

Tierische Profite

Die Lottozahlen im Spiel „Vier aus Venedig“: 1 – 4 – 21 – 336. Die Nummer-Eins-Autorin, wenn es um Verbrechen in der Lagunenstadt geht, Donna Leon, hat den einundzwanzigsten Falle ihres Commissarios Brunetti fertig und schickt ihr Erfolgsquartett aus Brunetti, Vianello, Elettra, und dem unvermeidlichen Vice-Questore Patta in ein 336-Seiten-Rennen. So was nennt man dann wohl einen Volltreffer!

Das Opfer sieht das natürlich etwas anders. Aufgedunsen wird er aus den Kanälen der Stadt gezogen. Auffallend ist die deutliche Deformierung des Körpers: Ein Hals ist kaum erkennbar. Madelung-Syndrom lautet die Diagnose. Ein Ermittlungsansatz? Brunetti kennt den Toten – nur leider weiß er nicht mehr genau woher. Diese Augen – ja sie sagen dem Commissario etwas. Aber was?

Weiterhin fallen dem aufmerksamen Ermittler die offensichtlich nicht zum Rest der Kleidung passenden Schuhe auf. Die Kleidung ist eher Massenware, nichts Besonderes. Die Schuhe hingegen sind auffällig und von erlesener Qualität.

Brunetti kommt an die Grenzen der Ermittelbaren, oder an die Grenzen seiner Kombinationsgabe. Erste Anzeichen für eine Zäsur im Leben des erfolgreichen Commissarios? Schließlich hat er all seine Fälle bisher gelöst. Leise klingen erste Töne von Aufhören an. Ein Omen?

Der Leser wird in routinierter Weise von Donna Leon durch die Lagunenstadt geführt. Während man so durch die Kanäle schlendert und sich den Verfall der Stadt aus sicherer Entfernung anschauen kann, strengt Brunetti seine grauen Zellen an. Double-Feature. Doppelvorstellung. Zwei Reisen zum Preis von einem. Zum Einen das gemütlich Dahinschippern über die nicht immer so glatten Kanäle, zum anderen die rauhe Gischt des Verbrechens und die Kälte der Profitgier.

Der Leser wird sanft auf die Folter gespannt. Erst nach und nach verschwindet der Schleier des Unwissens. Bruchstückhaft liest man sich in den Fall ein. Ein Löffelchen Wissen hier, ein Häppchen Hintergrund da. Reichlich 300 Seiten voller Erwartung darauf, was noch kommt. Vom Leser wird viel Geduld erwartet. Aber er wird auch belohnt…

Wieder einmal gelingt es der Wahl-Venezianerin Donna Leon zwei Seiten der Venedig-Medaille zu zeigen. Hier die Faszination des Einzigartigen und da die hässliche Fratze des Bösen. Geldmacherei um jeden Preis, gepaart mit Skrupellosigkeit und dem Glanz der Lagunenstadt. Dass Brunetti den Fall lösen wird, ist klar. Dass er ich meiniges abfordern wird ebenso. Leise und analytisch ohne große Denkerpose beeindruckt der Commissario den Leser mit seiner Einsatzbereitschaft und seinem unbedingten Willen Täter zur Strecke zu bringen und Opfern Genugtuung zu verschaffen. Den Traum von Gerechtigkeit hat er fast schon aufgegeben. Die gibt es nur noch im Film.

Auf ins Friaul

Auf ins Friaul

Wer sich nicht so recht entscheiden kann, wohin es im Urlaub gehen soll – die ewige Frage: Berge oder Meer? – für den ist das Friaul ein echtes Urlaubsparadies. Denn hier gibt es beides: Berge und Meer. Rudi Palla nimmt den Leser auf eine Entdeckungsreise durch das italienische Friaul, eine Region, die nur wenigen als erstes in den Sinn kommt, wenn Italien aufgetischt wird. Eine fast schon vergessene Region. Doch wer vergisst, tut dem Friaul unrecht.

Das Friaul bildet das Bindeglied zwischen Venedig und Slowenien. Und nicht nur im geographischen Sinne. Auch kulinarisch. Zwanzig originale friaulische Rezepte bilden die Kapitelabschlüsse. Wem da nicht das Wasser im Munde zusammenläuft… Fagottini pipieni di patate e porcini – Teigtaschen mit Kartoffel-Steinpilzfüllung. Klingt schon nach Italien. Deftig und leicht zugleich. Ja, das Friaul ist auf den ersten Blick widersprüchlich. Auf den zweiten Blick ist es doch eine Vielfalt, die einen in ihren Bann zieht.

Fünfundfünfzig Mal tut sie das in diesem Buch. Acht traumhafte Reisen im Friaul mit einer wahren Flut an Reisetipps. Allesamt in einem verführerischen Text eingebettet. Jeder Hinweis ist nummeriert und katalogisiert, so dass man sofort weiß, handelt es sich um eine Sehenswürdigkeit, ein Museum oder ein lohnenswerter Ort der Einkehr.

„Auf ins Friaul“ ist eine ideale Ergänzung zu einem klassischen Reiseband, denn die Reihe „Auf ins …“ verbindet Reisebuch und –beschreibung auf wunderbar einfache Weise. Gespickt mit historischem Wissen, etwa über das antike Aquileia, und erlesenen Ausflugstipps wirkt dieses Buch und die anschließende Reise noch lange nach.