Spielplatz der Spione

Spielplatz der Spione

„Erwarten Sie von mir, dass ich rede?“. „Nein Mister R., ich erwarte, dass Sie schreiben. Am besten doppelt.“ So muss es sich wohl angehört haben, als Peter Rieprich sein Manuskript bei Edition Karo angeboten hat. Klischee! Natürlich! Genauso wie Spionagebücher und –filme. Seit den 60ern waren Spione knallharte Kerle mit Knarren und pfiffigen „Werkzeugen“. Seit ein paar Jahren sind es brav gestriegelte, junge Männer, die sich in fremden Ländern und Botschaften verstecken müssen.

Wer die Gegenwart verändern will, muss die Vergangenheit verstehen.

Bis vor einem Vierteljahrhundert war Berlin der titelgebende „Spielplatz der Spione“. Hier tummelten sich die Geheimdienste der Welt. Allerdings mehr im Westen als im Osten. Außer dem Stasi, der war ja überall. Mythen ranken sich um ihre Tätigkeit. Man denke nur an die Harry-Palmer-Reihe mit Michael Caine in der Hauptrolle. Dunkle Ecken, verschrobene Typen, hektische Verfolgungsjagden.

So wollen wir Leser Spione. Oder doch nicht? Lieber ein bisschen mehr Realität als bäng-bäng? Bitte sehr! Peter Rieprich hat einzelne Geschichten von einzelnen Spionen, die in West-Berlin tätig waren aufgeschrieben. Spannend war die Tätigkeit wohl nur für sie selbst, wenn überhaupt. Für den Leser tut sich eine völlig neue Welt auf. Ja, Spione sind auch nur Menschen. Manche sind uns sogar so nah, so ähnlich, dass auch wir so einen Job hätte verrichten können.

Doch zurück zum Anfang. „Am besten doppelt!“. Wie ist das denn gemeint? Für beide Seiten arbeiten? Als Doppelagent? Nein, vielmehr ist „Spielplatz der Spione“ eine Geschichtensammlung und Sachbuch in Einem. Den Anfang bilden die Spion-Stories. Lesenswert, auch wenn das Geballere und die Verfolgungsjagden fehlen (wir haben ja bereits gelernt, dass nicht jeder, der sich Spion schimpfen durfte eine Waffe trug). Im Anschluss kommt der historische Kontext. Denn Spione gab es nicht nur in Romanen. Sie waren echt! Und ihre Arbeitsplätze sind bis heute erhalten. Also zumindest die Gebäude.

Wer Berlin besucht, kommt an der jüngeren Geschichte nicht vorbei. Noch immer werden Uniformen und Mauerreste zum Kauf angeboten. Wer will, kann sich mit uniformierten Darstellern fotografieren lassen. Der Kalte Krieg als Erinnerungsstück. Wer darüber erhaben ist, fährt nach Zehlendorf oder Karlshorst. Dort, wo sich Amis und Russen im Abhören, Ausspähen und Denunzieren einen erbitterten Wettkampf lieferten.

Eine Reiseband der besonderen Art. Geschichtsunterricht zum Anfassen.