Buenos Aires – Eine literarische Einladung

Buenos Aires – eine Stadt, die ihrem Namen nicht immer, fast nie eine Ehre macht. Die Abgase der Autos, die stundenlang im Stau stehen. Der Müll, der zum Himmel stinkt. Und dann die endlosen Avenidas. Wie die Corrientes wie sie Roberto Arlt beschreibt. Buchläden wie Theater, in denen man sich verlieren kann, ohne jemals die Bühne zu sehen. Bäckereien, Cafés, in den die porteños sich den Frust von der Seele reden – zumindest die, die nicht bei einem Seelenklempner auf der Couch liegen. Denn Buenos Aires ist die Stadt mit der höchsten Anzahl an Psychoanalytikern weltweit.

Lebensfreude und Lebensfrust gehen auf den prächtigen Boulevards wie in den schäbigsten Gassen Hand in Hand. Bisher konnte keine Regierung die stetig wachsend Inflation in den Griff bekommen. Und so wird jeder Einwohner dieser trotz aller Hoffnungslosigkeit so lebendigen Stadt zum Einzeltäter. Ein Einzeltäter, der mit Spitzfindigkeit und Verve das Leben zu meistern versucht. Auch wenn Fehler zum Alltag gehören.

Apropos Fehler. Fast jede der in diesem Buch zusammengestellten Geschichten erzählt von einem Fehler. Dem Fehler den Rio de la Plata zu Fuß gen Uruguay zu überqueren, was schlussendlich doch in der Überlegung endet, dass es keine so gute Idee war, da das Wasser schneller steigt als man es sich eingestehen wollte. Fehler, die man sieht, Fehler, die man erst im Nachgang als solche erkennt. Man sollte nur nicht den Fehler begehen dieses Buch nicht zu lesen. Denn das wäre ein riesiger Fehler.

Alle Autoren, die mit ihren Geschichten dieses Buch bereichern, sind hier geboren, leben oder lebten hier und werden auf immer und ewig porteños bleiben. Eine Millionenmetropole, die sich einen Umkreis zugelegt hat, der adipöser nicht sein kann. Abgegrenzte und eingezäunte Stadtviertel liegen mitten im Herzen als auch am Rande der Stadt, genauso wie die Viertel, in denen man sich bei Nacht nicht mal mit dem Finger darauf zu zeigen wagt. So unterschiedlich und widersprüchlich die Stadt, so abwechslungsreich sind die einzelnen Geschichten, die Ausdruck einer ungeheuren Lebensfreude sind.

Warum geht niemand weg aus dieser Stadt aus Müll und Dreck? Weil Buenos Aires eben nicht nur diesem Klischee entspricht, sondern unzählige Argumente aufweisen kann, die die Hauptstadt Argentiniens zu einem einzigartigen Hotspot der südlichen Erdhalbkugel machen. Jorge Luis Borges, Alan Pauls, Julio Cortazar, Pola Oloixarac verneblen nicht den Blick auf die Stadt am Silberfluss, die deuten vielmehr Zeichen ihrer Zeit und lassen den Leser schwelgen und träumen von einem Buenos Aires, das es so nicht mehr gibt. Oder doch?!