Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman!

Wenn hochdekorierte Wissenschaftler ihre Erkenntnisse einem Publikum vortragen, kann es schnell langweilig werden. Entweder, weil sie sich so tief in die Materie eingegraben haben, dass sie nicht mehr über den Tellerrand schauen können und ihr Gegenüber hoffnungslos mit Fachbegriffen zuschütten oder vor Übereifer oder Geltungssucht derart flach ihr Wissen darbieten, dass selbst Grundschüler müde darüber lächeln. Oder – und hier ist die Ursache für den Erfolg von Richard Feynman zu finden – sie sind positiv besessen von dem, was sie tun. So wie beispielsweise auch Musiker, wie Jimmy Page und Tony Iommi die durch beharrliches Hören sich selbst zu Höchstleistungen getrieben haben. Es ist die brennende Leidenschaft, die sie antreibt. Nicht der Wille andere zu belehren.

Feynmans Forschungen zur Quantenelektrodynamik brachten ihm 1965 den Nobelpreis für Physik ein. In seinen Vorlesungen schaffte er es jedem Zuhörer, die ja per se schon etwas mehr Vorbildung als andere besitzen, in seinem Bann zu ziehen und Funken und Feuer zu entfachen und am Leben zu erhalten.

„Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman!“ ist das Ergebnis dieser Beharrlichkeit. Als man ihm riet doch mal seine Erinnerungen niederzuschreiben, überreichte und überraschte er mit den ersten Ausgaben dieses Buches. Wie diabolisch! Schon in Kinder- und Jugendtagen ließ er sich durch Quizfragen niemals aufs Glatteis führen. Im Gegenteil, oft kannte er die Lösungen schon der der Fragensteller das Fragezeichen setzen konnte. Die Antwort flog ihm nicht irgendwie zu. Raten war für ihn auch keine Option. Nein, Richard Feynman erkannte schon immer sehr schnell, dass im Problem immer schon die Antwort stecken muss.

Mit diesem Buch hat man keine Probleme. Außer, dass es wie alles im Leben ein Ende hat. Zum Glück erst nach mehr als vierhundert Seiten. Doch ist es unweigerlich ein Bestandteil des Buches. Und das ist aber auch schon das Einzige, was an diesen Erinnerungen zu bemängeln ist.

Die Leichtigkeit, mit der Feynman sein Leben niederschreibt, ist die gleiche, mit der er seine Arbeit versah. Was im Großen funktioniert, klappt auch im Kleinen. Und oft auch umgekehrt. Als die Challenger-Katastrophe aufgeklärt werden musste, zeigte er mit einer Dichtung des Raumgleiters und einem Glas kalten Wassers die Ursache für das Desaster. Der Gummi war einfach nicht elastisch genug. So muss Physik sein. Wenn’s mal zischt und knallt, gibt es irgendwo dafür einen Ursprung und somit eine Erklärung.

Wohlwollend nimmt man als Leser zur Kenntnis, dass Feynman seine Theorien weitgehend außen vor lässt. Dieses Buch ist das Leben eines Menschen, der nur rein zufällig einer der brillantesten und unterhaltsamsten Köpfe der Wissenschaft war. Und sicher auch einer der letzten klassischen  Nobelpreisträger, deren Name in Erinnerung bleibt. Wozu sicher auch die Serie „The Big Bang Theory“ in einzelnen Folgen beigetragen hat. Denn mal ehrlich, wer kann denn schon Physik-Nobelreisträger nach Marie Curie und Albert Einstein benennen? Außer Feynman werden da nur wenige Namen fallen. Wären doch mehr Theoretiker wie Richard Feynman, wären doch mehr Biographien so unterhaltsam wie diese … alles wäre so einfach!