Das muss schon ein besonderer Anblick gewesen sein, damals vor etwas über hundert Jahren, im Berliner Tiergarten: Da schlendert ein älterer Herr mit wirrem Haar und wachem Blick neben einem offensichtlich Jüngeren, der nicht minder offensichtlich älter wirkt. Sie diskutieren. Sie sind sich in ihren Gedanken ähnlicher wie kaum ein anderes Wissenschaftlerpaar. Der eine ist Professor, Einstein, der Andere hat sich in die Physik-Diskussionen reingemogelt. Leó Szilárd, ungarisch-stämmiger Student des Ingenieur-Wesens, der sich in seinem Fach langweilt und bei den Physik-Kolloquien aufblüht.
Der Gigant Atom eint den Physik-Giganten Einstein und den noch attributfreien Szilárd. Sie wissen, dass das Atom, die Kettenreaktion, die Zukunft bedeuten wird. Doch wie diese aussieht, was noch nachkommen kann, ahnen sie nicht einmal ansatzweise. Noch nicht! Szilárd versucht sich erstmal an einem Friseurstuhl, der mit elektrischen Ladungen die Haare zu berge stehen lässt, was das Haareschneiden vereinfachen soll. Ob Einstein Pate stand, ist nicht überliefert. Jedoch die Tatsache, dass die Idee nicht umgesetzt wurde. Erfolgversprechender scheint da die Entwicklung eines Kühlsystems für Kühlschränke, aus dem keine giftigen Substanzen mehr austreten können. Wenn doch alle Neuerungen so einfach nutzbar für die Menschheit wären…
Die Brillianz des jungen Szilárd fällt Einstein sofort auf. Er gibt ihm Ratschläge wie er es als Physiker zu etwas bringen kann, vermittelt den Doktorvater. Doch nach den aufregenden Jahren in Berlin – wer als Wissenschaftler etwas auf sich hält, forscht hier – folgen die dunklen Jahre. Einstein flieht in die USA, Szilárd zuerst nach London. In Deutschland forscht man weiter an der Atombombe. Was, wenn es den Nazis gelänge die Bombe zu bauen? Die USA müssen die Bombe zu erst in den Händen haben. Als Abschreckung, um den Krieg zu beenden. Doch als der Krieg in Europa zu Ende ist, im Pazifik noch gekämpft wird, erkennen viele der am Bau beteiligten, dass sie an einem Werkzeug mitgeforscht haben, das niemals in den richtigen Händen sein kann. Als die Wüste in New Mexico bebt, ist der reale Irrsinn wahr geworden. Nun gibt es eine Kraft, die das Böse schaffen kann. Wo einst Formeln zwischen den Synapsen funkten, wo Theorien in die Praxis umgesetzt wurden, herrscht nun der Gedanke der Humanität. Wie kann man das alles stoppen? Schlimmeres verhindern? Szilárd, der die Bombe immer befürwortete, erkennt, dass er handeln muss. Wie so viele wird er zum lautstarken Gegner der Bombe – Hiroshima und Nagasaki kann er nicht verhindern…
Dank Blockbuster wie „Oppenheimer“ oder Comedyserien (in „The Big Bang Theory“ hörten viele zum ersten Mal den Namen Richard Feynman) sind viele Mitglieder des Manhattan-Projektes, dem Programm, in dem die klügsten Köpfe der Physik ihr Wissen in die Entwicklung der Atombombe steckten, wohl bekannt. Doch Leó Szilárd gehört nicht zu den Top-Models dieser Clique. Dank Arne Molfenter tritt ein Mann ins Rampenlicht, der dieses mindestens genauso verdient. Ein spannendes Sachbuch, dessen Aussage noch immer aktuell ist. Und wahrscheinlich wichtiger denn je!