Wie oft benutzt die euphemistischen, übertriebenen, oft auch falschen Aussagen aus der Werbung?! Wenn man ein „Ich tu doch schon mein bestes“ zu hören bekommt, kontert man mit einem „Mühe allein genügt nicht“. Oder wenn von einem selbst drei Sachen auf einmal verlangt werden, fühlt man sich wie ein Überraschungsei. Und wer will schon „gleich in die Luft gehen“? Erkannt, um welche Spots es sich handelt?
Werbung war schon immer ein probates Mittel eigene Produkte in einem besonders schimmernden Licht erscheinen lassen zu können. Es gab eine Zeit, in der die Macher der gedruckten Werbung – weit vor Radio und Fernsehen, und noch viel eher als das Internet uns permanent mit schlecht gestalteten Slogans penetrierten – echte Künstler waren. Lyonel Feininger zum Beispiel begann seien beeindruckende Karriere als Werbegrafiker.
Der Kalender „GenussKunst“ macht dem im Jahr 2022 ein Ende. Stilvolle Werbung, deren künstlerische Gestaltung vielleicht nicht zum Kauf des einen oder anderen Produktes animiert, dem Betrachter jedoch die „gute alte Zeit“ zurückholen wird.
Das Jahr beginnt süß. Pudding ist die Belohnung für harte Arbeit oder braves Benehmen. Je nach Alter des zu Beglückenden. Man fühlt sich wie ein König, genießt man die Desserts von La Favorite. Die Firma gibt es so nicht mehr, deswegen kann hier beruhigt der Name genannt werden. Die Werbung hingegen bringt es gekonnt auf den Punkt. Ein Pudding von dieser Firma und dem Tag wird die Krone aufgesetzt.
Und so verstreicht kein Monat, in dem einen nicht der Mund wässrig gemacht wird. Von Zitronenlimonade aus England über Yoghurt (mit Y!) aus der Schweiz bis hin zu Olivenöl aus dem Süden Frankreichs. Man kann nicht anders als hinzusehen. Je näher man den Abbildungen kommt, desto mehr Details erkennt man. Die provenzalische Tracht der wenig marktschreierischen Anpreiserin, die harte Arbeit der Weinbauern, die sich in ihrer Körperhaltung widerspiegelt oder die unbändige Lust, die einen überkommt beim Genuss eines Tellers Spaghetti. Skurrile Gestalten lassen einen den strengen Geruch des Dargebotenen vergessen. Und wenn Schwein und Stöhr ein Glas umarmen, muss man schon genauer hinsehen, um die Hintergründe zu erforschen. Gar nicht so einfach, denn die kyrillischen Buchstaben sind nicht jedem geläufig.
Dass Werbung nicht nur störend sein kann, sondern durchaus die Sinne anregt, zeigt dieser Kalender ein Dutzend Mal. Sich die Zeit nehmen und die Tafeln sich aus der Distanz, dann wieder von Nahem anzusehen, lohnt sich wirklich. Man muss ja nicht gleich losrennen und Käse, Kakao und Würzmischungen kaufen…