Es ist viel geschehen seit seiner Geburt. Darius wurde 1950 im Noren Teherans geboren. Jetzt ist es 1974, er lebt nicht mehr im Iran, dem Land seines Vaters, das seit seiner Geburt nicht minder grundlegenden Veränderungen unterworfen war. Mossadegh war an der Macht, dann kam der Schah zurück und unterwarf sein Volk und gaukelte der Welt ein traumhaftes Reich vor, in dem der Prunk aus jeder noch so dreckigen Ritze quillt. Dass dem nicht so war, wusste jeder und trotzdem…
Darius Vater ist gestorben. Er will und wird ihm die letzte Ehre erweisen. Nicht aus Pflichtgefühl, ein bisschen vielleicht, vielmehr aus Respekt. Sein Vater war ein angesehener Mann. Doch Darius weiß eigentlich gar nichts über seinen Vater. Das wird sich ändern. Vom Aufstieg und Fall des Vaters – alles kennt Forugh, Darius Cousine. Doch sie weiß, dass nicht alles wissen manchmal besser ist. Sie kennt Darius nicht. Sie spürt, dass Darius wissbegierig ist. Aber sie weiß auch, dass Bruchstücke nicht zwingend ein glänzendes Mosaik ergeben.
Riss um Riss kittet Darius die Erinnerungslücken aus seinem frühen Leben und der jüngeren Vergangenheit des Vaters. Freudig strahlend bis hin zur Schockstarre – Forughs Erzählungen sind ein sprudelnder Quell, aus dem nur so viel sprießt wie Forugh es gewährt.
Als 1953 mit einem Putsch der Reformer Mossadegh – er wollte die Ölförderindustrie verstaatlichen – seines Amtes enthoben und unter Arrest gestellt wurde, wurde es eng für viele Staatsbedienstete. Ihre gut eingesessen Positionen wankten, viele fürchteten um ihre Privilegien. Einige andere blickten hoffnungsvoll nach vorn. Denn sie waren willfährige Werkzeuge der lang geplanten Aktion Ajax, mit der Mosadegh entmachtet wurde.
Darius kennt die Geschichte, kaum aber die Geschichten. Schon gar nicht die, in die sein Vater verstrickt zu sein schien…
Eva Wiesenecker verwebt unverrückbare historische Fakten mit dem fiktiven Schicksal von Darius. Vehement und unerbitterlich schildert sie eine Zeit (und ein Schicksal), das schon lange aus dem Fokus der Geschichtsschreiber verschwunden scheint. Iran – das ist islamische Revolution, Atomprogramm und unerschütterlicher Feindschaft. Doch das ist alles Geschichte der vergangenen 50 Jahre. Doch Iran, und vor allem Persien, das ist Jahrtausende alte Weltgeschichte, die von Eroberungsdrang und Gier geprägt wurde. Sagenhaft und brutal real. „Forughs Enthüllungen“ ist der einzig passende Titel für dieses Buch, das so viel Geschichtsunterricht beinhaltet wie ein meterlanges Lexikon, komprimiert auf das Schicksal eines jungen Mannes, der seine Wurzeln sucht, sie hegen und pflegen will.