Fast schon möchte man Hugo in den Arm nehmen, auch wenn es ihn unfassbar schmerzen sollte. Der arme Tropf hat aber auch das Pech am Fuß wie die sprichwörtliche Sch… Wo anfangen? Also, am Ende des „Treffens“ mit Carlos David steht der Tod. Carlos David ist tot. Erschossen, die Beine gebrochen, die Überreste in einen Sack gestopft und anschließend selbigen in einem Bach „versenkt“. Flucht. Also, Hugo ist geflüchtet. Verständlich. Gerade, wenn man ihm Glauben schenken will, dass er unschuldig ist.
Unterwegs entgleist der Zug, mit dem Hugo in scheinbar sichere Gefilde fliehen will. Eine gigantische Katastrophe mit Dutzenden Toten. Hugo überlebt. Im Leichenberg krallt er sich an das Heiligenbild, das ihm Glück bringen soll. Er reagiert noch auf Nachrichten von Marta, seiner Freundin. Sporadisch. Sie schnappt sich ihre Tochter und bricht auf zu ihrer Schwester. Alles überhastet, scheinbar ohne Plan.
Währenddessen sucht die Polizei in Person von Ermittler Dominguez nach dem Mörder eines jungen Paraguayers namens Carlos David. Und ziemlich schnell stehen sie auch vor der Tür von Marta. Dort ist allerdings nur ihre Mutter Olga anzutreffen. Und die ist ein echtes Goldstück. Gegenüber dem Bullen erzählt sie nur das, was er ohnehin schon weiß. Sie macht sich ihren eigenen Reim auf die Geschehnisse. Auch weiß sie, dass Hugo in dem verunglückten Zug war. Das weiß bald jeder im Land, denn so eine Katastrophe ruft natürlich auf die sensationsgierige Presse auf den Plan.
Und Hugo? Der hängt wie ein verletzter Vogel in den Fängen sämtlicher Leute, die ihm aus unterschiedlichen Gründen auf den Fersen sind. Wie in einem Film von Hitchcock sucht er verzweifelt nach einem Ausweg. Doch die richtigen Entscheidungen zu treffen, war noch nie sein Ding. Der große Wurf ist immer nur anderen gelungen. Hugos „Dingliche Angelegenheiten“ sind nur für ihn von immenser Bedeutung. Genauso wie er eine dringliche Angelegenheit für viel andere ist. Für seine Freundin, seinen Kompagnon, die Polizei, die Hilfskräfte, die Medien…
Paula Rodríguez spinnt ein enges Geflecht aus Hoffnung, Verzweiflung und düsteren Wolken am Horizont. Alles ist vorbei jetzt muss jeder zusehen wie er sich aus seiner Situation befreit. Immer weiter spinnt sie das Netz, in dem die Beteiligten fast bis zur Regungslosigkeit gefangen sind. Ihre Schilderungen sind so eindringlich, dass man sich mitten im Geschehen wähnt. Kopfschüttelnd leidet man mit dem vermeintlich unschuldigen Hugo. Lacht über die Bigotterie der Schwester von Marta. Und fühlt mit Evelyn, Martas Tochter, die Entdeckungen macht, die ihr mindestens genauso peinlich sind wie ihrer Mutter und Tante. Zwischendrin ertappt man sich dabei der Hoffnung Nahrung zu geben, dass das alles ganz schnell vorbei ist. Doch dann wäre das Lesevergnügen ebenso schnell beendet.