Zwei Unbekannte, die man sofort ins Herz schließt, wenn man die ersten Seiten durchblättert. Zum Einen die Theatertante, die Pippitante, wie sie von ihren Neffen und Nichten – unter ihnen auch die Autorin – genannt wurde. Zum Anderen das Banat. Dieser Landstrich – der Untertitel verrät es schon – liegt in Rumänien. Teils auch in Ungarn und Serbien. Hier sind viele Deutschstämmige zu Hause. Das kommt daher, dass die Habsburger, als sie den Landstrich unter ihre Fittiche bekamen, viele Deutsche mit Land und Vieh hierher lockten. Auf den so genannten „Ulmer Schachteln“ erreichten sie die neue Heimat auf der Donau.
Katharina Joanowitsch wurde in Timoşoara geboren. Lange, sehr lange war sie nicht mehr hier, in ihrer alten Heimat, die diesen Begriff kaum noch verdient. Aber Heimatdefinition ist nicht ihr Metier, auch nicht das Thema des Buches. Ihre Tante blieb in der Ferne, im fernen Banat und war eine gefeierte Schauspielerin beim Deutschen Theater in Timoşoara. Regelmäßig führte sie Tagebuch, das nun die Autorin zum Anlass nimmt endlich einmal Timoşoara und das Banat zu besuchen. Adrian ist ihr umsichtiger und rührseliger Reiseguide. Er macht das möglich, was sonst unmöglich ist, gibt Katharina Joanowitsch die Freiheit, die sie braucht, um auf den scheinbar verschwundenen Pfaden heimisch zu werden ohne dabei heimlich über die Gartenzäune schielen zu müssen.
Es sind ganz besondere, weil persönliche Eindrücke, die die Autorin dem Leser und sich selbst anbietet. Ein Abenteuer durch und durch. Schon allein deswegen, weil sie einiges kennt, oder es zumindest vermutet es zu kennen. Immer wieder kommen Erinnerungen hoch. Selbst alte Bekannte, die die Tante kannten, werden umgehend zu Freunden, an deren Tisch man sich sinnbildlich in die alte Zeit versetzen kann.
Hier in der Ferne ein Stück Geborgenheit zu finden, gelingt nicht jedem. Der alltägliche Luxus blitzt nur vereinzelt hervor. Rumänien und das Banat sind noch weit vom „normalen Tourismusstandard“ entfernt, auf den die meisten im Urlaub nur ungern verzichten. Die Triebfeder der Tante noch einmal nahe sein zu können – sie ist mittlerweile verstorben – lässt über so manche Unwegbarkeit gütig hinwegsehen. Eine Biographie? Nein! Ein Reiseband? Nein! Dafür ein Schatz an Erinnerungen, neuen Erlebnissen und der Gewissheit, dass diese Reise nur der Anfang einer weiteren Reise sein kann. Eine Reise zu den eigenen Wurzeln, die – warum auch immer – ein wenig in Vergessenheit geraten schienen. Immer wieder verblüfft sich die Autorin selbst, wenn sie Straßenzüge wiedererkennt oder sie von Erinnerungen eingeholt wird.
Als Außenstehender ist man Teil einer faszinierenden Reise, die nur wenige machen können, und nur ganz Wenige auch wirklich unternehmen.