O Du Schreckliche

Weihnachten kann manchmal ganz schön … stressig, hektisch und in bestimmten Fällen sogar … schrecklich werden. Wie zum Beispiel in Grittibach. In der kleinen Gemeinde steht man seit Jahren mit einem ernsthaften Wettstreit mit Müntschisberg: Wer hat den größten? Wer hat den schönsten? Äh, Weihnachtsbaum, natürlich. Und überhaupt versucht man sich in allem und überall zu übertreffen. Sei es nur um besser zu sein oder weil es schon immer so war. In Müntschisberg hat man dieses Jahr – unfreiwillig, überraschend und unverhofft – einen gewaltigen Vorteil. Und es schneit auch noch! Krimifans wissen mit diesen spärlichen Hinweisen sicherlich etwas anzufangen…

Seemann Kuddel Daddeldu – genau der … Joachim Ringelnatz’ grandiose Erfindung – hat’s nicht so mit der weihnachtstypischen Besinnlichkeit. Wenn er davon spricht, dass der Baum brennt, dann brennt der wirklich. Aber das lässt sich im Rausch durchaus ertragen.

Axel Hacke weiß so manch Untypisches (oder doch typisch Weihnachtliches?!) zu berichten. Der Thrill des Weihnachtsbaumkaufes (der Zeitpunkt ist entscheidend und für manches der einzige Berührungspunkt mit Wissenschaft) ruft in ihm Erinnerungen an Thomas Mann und Helmut Qualtinger hervor. Auch die hatten so ihre Problemchen mit deM Bäumchen. Mann sogar mit deN Bäumchen. Und Qualtinger … na ja, a Watschn tut’s auch.

Daniel Glattauer sieht die Weihnachtszeit ebenso pragmatisch. Wenn schon streiten, dann jetzt! Und vollem Umfang und ohne Gnade. Denn die kommt ohnehin und mit unumstößlicher Sicherheit.

Ein köstlicher Knabberspaß mit Spekulatius, Weihnachtsteemischung, stimmungsvollem Licht oder einfach nur am liebsten Leseort. Im Kanon der schauerlichen, untypischen, grausamen, besonderen Weihnachtsgeschichten nimmt „O du schreckliche“ einen Spitzenplatz ein. Von Martin Suter, Ludwig Thoma, T. C. Boyle bis zu Axel Hacke, Hans Fallada und John Updike wird der Weihnachtszeit nicht der unnachahmliche Charme genommen. Vielmehr wird ihr ein Hauch von ungewollter Unplanbarkeit hinzugefügt. Und für all diejenigen, denen so viel Ungemach im eigenen Leben so manchen Herzschmerz zufügen würde, bleibt die Gewissheit, dass das alles nur erfunden ist und zum Glück nur Anderen passiert ist.