Die höchste Dichte an Nahrungsaufnahmemöglichkeiten. Ehemalige Hauptstadt. Die einzige Stadt der Welt, in der die jüdische Gemeinde wieder wächst. Wir sind in Krakau. Und Jan Szurmant und Magdalena Niedzielska-Szurmant sind die Reisebegleiter. Sie sind Wegweiser und Fabuleure zugleich. Über 300 Seiten und zahlreiche Karten helfen sich in der Stadt zurecht zu finden. Wenn man es ganz nüchtern betrachtet, ist die Buchbesprechung hier zu Ende. Alles drin, mehr braucht man nicht! Fertig, Aus, Ende! Doch dann hat man den Reiseband nicht richtig gelesen und schon gar nicht die Stadt erkundet!
Seit Kurzem zeigen sich die Kostbarkeiten der MM-City-Reihe im modernen Margenta. Inhaltlich hat sich nicht viel verändert, nur zum Besten allenfalls. In diesem Fall sind es vierzehn Spaziergänge durch die alte Königsstadt, von denen man gern auch mehrere an einem Tag „erledigen kann“. Denn teilweise gehen die Spaziergänge ineinander über. Die beiliegende Karte hat das richtige Format, um sich nicht umständlich zu verheddern. Ausgangspunkt ist fast immer die Altstadt, Stare Miasto. Hier befinden sich die meisten Sehenswürdigkeiten, doch auch außerhalb des turbulenten Platzes gibt es mehr als „nur ein paar Sachen noch zu sehen“. Die präzisen Angaben, wann man den Blick senken bzw. heben muss, wann sich ein Blick nach links oder rechts lohnt, wann man wohin abbiegen muss, wann man einfach dem Instinkt folgen kann, sind unerlässlich, wenn man Krakau erkunden will.
Zum Beispiel Tour Zehn. Da hat man die Altstadt schon hinter sich gelassen. An der ehemaligen Fabrik von Oskar Schindler, ja, genau der mit der Liste geht’s los. Beziehungsweise verharrt man erst einmal. Denn in der Fabrik ist nun ein Museum. Die Gegend drumherum ist nicht gerade ein optisches Highlight, drinnen im Museum dafür umso mehr. Schon vor Öffnen der Türen, sammeln sich erste Touristen und Besuchergruppen. Vorher also im Internet buchen – das steht nicht nur so im Buch, es ist auch so! Fact checking (das Wort wird ja heute gern benutzt) abgeschlossen und Hinweis aus dem Buch bestätigt) abgeschlossen. Kleiner Tipp: Wenn man zur Fabrik geht, am besten am Ufer der Weichsel entlang laufen. Der Blick auf die Burganlage Wawel vom anderen Ufer ist unbezahlbar. Und wer will kann ganz leicht immer wieder über die zahlreichen Treppen „nach oben steigen“ und hier und da in die kleinen Straßen reinriechen. Weiter geht es dann ins ehemalige Ghetto und dem Platz der Helden des Ghettos. Auch hier wieder ein Tipp, den man beherzigen sollte. Nicht über die Straßen laufen, sondern die Unterführung nutzen. Denn die Polizei steht tatsächlich da und kassiert kräftig bei denen ab, die die Straße queren. Und außerdem gibt’s in der Unterführung einen klitzekleinen Laden, der die leckersten und größten Äpfel der Stadt hat…
Kurz danach erreicht man die Rekawska. Keine besonders schöne Straße. Eine typische Straße für und in Krakau. Doch am Ende, wenn man die Reste der ehemaligen Ghettomauer passiert hat, rechts abbiegt, die Straße über den Zebrastreifen, die es hier zuhauf gibt, quert, und wieder rechts abbiegt, befindet sich ein Haus mit Geschichte. Denn hier wohnte vor seiner erfolgreichen Flucht Roman Polanski. Vorher kommt man an einem kleinen Stück Natur vorbei, wo man sich genau vorstellen kann, wie der kleine Roman hier rumstromerte. Ein bisschen weiter, bergauf, steht man nun vor der Wahl: Rechts in den Park Bednarskiego mit seinen über einhundert verschiedenen Baumsorten – herrlich ruhig und ideal zum Eichhörnchen beobachten – oder weiter über eine große Wiese, vorbei an einer Kirche, die nur zweimal im Jahr geöffnet hat, einer alten Ruine, über deren Schicksal noch entschieden wird, und dann immer dem Lärm nach. Diese Angabe ist nicht ganz so präzise. Ist aber auch nicht schlimm. Denn egal welchen Weg man wählt, das Ziel hat man immer vor Augen: Den Kraku-Hügel. Man kann sich ein wenig verlaufen. Doch Krakau ist ideal zum Verlaufen. Es gibt immer was zu sehen. Und hat man den Hügel erklommen, wird man mit einem grandiosen Rundblick belohnt.
Noch ein Wort zum Fact checking: Die beste Eisdiele der Stadt ist es auch wirklich. Und die preiswerteste. Die Zweitbeste (kann man alles nachlesen, muss hier nicht gesondert erwähnt werden) bietet zwar ein leicht cremigeres, doch nicht ganz so schmackhaftes Eis. Außerdem ist es in der „besten Eisdiele“ bedeutend preiswerter. Anstehen muss man in beiden. Die Wahl fällt also relativ leicht.
Wo gibt’s das beste Brot? Welche Museen lohen sich? Was gibt es außerhalb der Stadt zu sehen? Welche Geschichten verbergen sich hinter welchen Gebäuden? Wann lohnt sich ein Abstecher? Wie wurde Krakau das, was es heute ist? Fragen über Fragen, die den Besucher plagen und nur in diesem Buch beantwortet werden. Selten zuvor wurde eine Stadt so nah und so tiefgehend in einem Reiseband vorgestellt. Die beiden Autoren leben hier und bieten selbst auch Stadtrundgänge an. Das merkt man auf jeder einzelnen Seite, in jedem Abschnitt dieses unverzichtbaren Buches.