Kampf der Zauberer

Da kommen in einem manchmal schon böse Erinnerungen wieder hoch. Damals in der Schule als man ein Buch in einem Aufsatz unter einer fragwürdigen Fragestellung interpretieren musste. Bei „Mario und der Zauberer“ reichte es eben nicht aus, dass ein braver junger Mann, Mario, einen anderen Mann erschoss, weil der ihm gehörig auf die Nerven ging. All das Drumherum, die Gängeleien, der Weltschmerz, die Hoffnungslosigkeit spielen nur als Grundsatz in die Tat mit hinein. In der DDR reichte es vollkommen aus die Worte „Solidarität“, „Kampf gegen Faschismus“ und „Held“ irgendwie mit einzubauen, um mindestens eine Drei zu bekommen. Doch auch das kommt dem kleinen Roman von Thomas Mann nicht einmal nahe.

Dierk Wolters macht sich an die Mammutaufgabe die eingangs bösen Erinnerungen an das richtige Verhältnis von Werkskenntnis und Interpretation wegzuwischen. Als „Mario und der Zauberer“ – schon allein die Untersuchung warum das Wörtchen „und“ so bedeutungsvoll ist, lässt den Leser sich schmerzhaft an die ersten eigenen Gehversuche in Literaturverständnis erinnern – entstand, war Thomas Mann noch nicht der lupenreine Demokrat, der mit Vehemenz gegen dessen Feinde argumentierte. Das kam später, seine Radioansprachen waren der giftigste Stachel im Fleisch der Nationalsozialisten.

Hier nun steht ein Mensch unter permanenter Anspannung. So wie die Familie Mann im Italienurlaub. Das waren in diesem Fall der Zauberer selbst (also Thomas Mann, nicht das spätere – literarische – Opfer), sein Frau Katia und seine Kinder Michael und Elisabeth. Die später selbst in Italien lebte und arbeitete. Es war keine Erholung in dem Badeort möglich. Die Kinder wurden missachtet, teils massiv geärgert. Den Eltern ging es auch nicht besser. Man wurde aus dem ersten Haus am Platz verbannt. Ach nein, halt, das war ja im Buch. Man schreibt über das, was man selbst erlebt hat bzw. das, was man jeden Tag sieht.

Es ist einerlei, ob man „Mario und der Zauberer“ schon gelesen hat bevor man sich dieses kleine Büchlein mit wachsender Begeisterung einverleibt hat. Feststeht, dass man es sich ganz fest vornimmt, es nun doch einmal zu lesen, weil man es nun ja viel besser versteht. Und das ist nicht so gemeint, dass man sich erst den Film anschaut und dann das Buch liest. Das ist was völlig anderes.

Es müssen nicht endlose Bandwurmsätze sein, die hunderte Seiten zieren, um sich ins Herz des Lesers zu pflanzen. Manchmal liegt die Würze in der Kürze. So ist es auch bei diesem Buch. Für Fans und solche, die es werden wollen und nicht immer nur kopfschüttelnd vor den unzähligen Mann-Reportagen hocken wollen.