Hinter Hecken, da lässt’s sich gut verstecken. Was wie ein Kinderreim anmutet, scheint Silvie Vaughan und Isolde Schwartz ein Refugium des eigenen Lebens zu sein. Beide sind erfolgreiche Wissenschaftlerinnen – Philosophinnen. Die eine schreibt Bücher in ihrem heckengeschützten Rückzugsort, die andere hat einen renommierten Lehrstuhl und reist für ihre hochgeschätzten Vorträge um die Welt.
Doch diese Welt ist nicht die ihre. Ihre Welt ist geprägt von Erwartungen und Enttäuschungen. Die beiden Frauen haben sich bei einem kennengelernt. Nun will die Eine – Isolde Schwartz – die Andere – Silvie Vaughan – besuchen. Nichts Besonderes! Nichts Besonderes? Oh doch. Silvie verehrt Isolde. Ihre Reputation ist einwandfrei und vorauseilend. Silvie muss jedoch feststellen, dass Isolde sich in ihrem Kokon der Ideen verfangen hat und auf dem besten Weg ist ihr Leben, ihr wahres, höchst persönliches Leben, zu vergessen. Es aufzugeben.
Jana Revedins Kurzroman „Frau hinter Hecken“ ist wahrlich keine leichte Kost, im Sinne von „heut mal eine Seite lesen und morgen ein paar mehr. Dieses Buch muss man mehrmals lesen. Beim ersten Versuch stören die kompakte Handlung und die freie Szenewahl den Lesefluss, auch wenn nur oberflächlich. Doch schon beim zweiten Lesen – das Buch ist gerade mal einhundert Seiten stark – offenbaren sich die Ab- und Tiefgründe der beiden verwandten Seelen.
Beide Frauen taumeln im Sog ihrer Erinnerungen. Während Silvie das Trauma ihrer Kindheit, den Selbstmord der Mutter, überwunden zu haben scheint, triftet Isolde an der Kante zum Absturz.
Das permanente Verweben von grausamen Erinnerungen und aktueller Hilfestellung packt den Leser bei den Hörnern. Man kann dieses Buch nicht einfach mal so weglegen. Eine eigenartige, eigensinnige Faszination geht von den Zeilen dieses Büchleins aus. Nebelschwaden des menschlichen Geistes wabern besitzergreifend im Hirn des Lesers herum. Immer wieder blättert man zurück, um sich zu vergewissern, dass man nicht doch etwas überlesen haben könnte.