Das besondere Blau

Es gibt sicherlich nichts viele Abende in geselliger Runde, in denen jemand seine Erzählungen seiner letzten Rumänienreise zum Besten gibt. Sollte man aber das Glück haben und Katharina Joanowitsch sitzt mit am Tisch, dann sollte man ihr lauschen. Wer dieses Glück nicht hat dem sei diese Reiserzählung ans Herz gelegt.

Einmal quer durch das Land, dessen Ausmaße durchaus als Skizze eines Fisches anzusehen sind. So macht die Reiseleiterin Alexandra ihr Publikum neugierig. Mals ist man im Bauch dieses Fisches, mal klettert man über die Rückenflosse. Dort, wo übrigens auch das Kloster Voronet steht. Kaum bekannt. Und das ist wirklich eine Wissenslücke! Die Außenfassade ist wundervoll bemalt. Mit einem besonderen Blau. Und das schon seit einem halben Jahrtausend. Ohne, dass jemand nochmal den Pinsel schwingen musste, um dieses besondere Blau zu erhalten. Ein Rätsel auf alle Fälle. Ein Wunder … naja, es ist schließlich ein Kloster!

Schon zu Beginn der Reise wird der Reichtum Rumäniens sichtbar. Die Hauptstadt Bucharest – wunderschöne Anekdote wie Michael Jackson die Konzertbesucher mit „Hello Budapest“ begrüßte – besticht durch einen gewaltigen Marmorklotz. Haus des Volkes hatte ihn Ceaucescu, um Weihnachten 1989 hingerichteter Ex-Diktator des Landes, genannt. Haus – von wegen. Es ist das schwerste Gebäude der Welt. Tausende Tonnen Marmor, alles aus eigenem Abbau. Das entfleucht so manchem der Spruch, dass nur Diktatoren zu so etwas in der Lage seien. Mag sein. Aber die Kehrseite bedeutet auch acht Jahre lang Drei-Schicht-System für Tausende Arbeiter. Imposant, das sicherlich, aber die Hintergründe sind doch mehr als denkwürdig.

Walachei und Transsylvanien – Rumänien ist ohne diese Begriffe nicht denkbar. Auch lässt hat die Autorin ihren besonderen Blick schweifen. Seite für Seite lernt man in diesen Reiseberichten ein Land kennen, das die meisten nicht auf der Reiseliste haben. Mit sicherem Gespür für die richtigen Worte und einer ordentlichen Portion Nüchternheit – es gibt viel Ablenkung in diesem Rumänien der Gegenwart – reist man mit Katharina Joanowitsch durch wilde Gegenden, steigt auf Gipfel, die das Auge weit blicken lassen, durchquert weniger ansprechende Gewerbegebiete, die aber nun mal auch dazu gehören – wie überall – und lässt sich treiben. Denn nur so macht Reisen wirklich Sinn.