Berlin von unten

Ein Maulwurf ist ein bedauernswertes Geschöpf. Er wühlt sich durch die schönsten Städte der Welt, durch unerforschte Landschaften – und er sieht nichts von der Welt. Weil er unter Erde nicht sieht, was es Schönes auf ihr, über ihm gibt. Maulwürfe in Berlin haben da einen entscheidenden Vorteil. Sie verlassen ihr natürliches Habitat nicht und sehen trotzdem was von der Welt. Klingt unglaubwürdig? Das Jahr 2026 bringt die Mauern des Zweifels zum Einstürzen!

Dieser Kalender zeigt Seite für Seite, Woche für Woche, dass unten durchaus auch ohne natürliches Licht strahlen kann. Da dürfen natürlich die Tunnel, die einst Ost und West miteinander verbanden, nicht fehlen. Die Geschichten dahinter machten Geschichte. Wie die von Liane Weinstein. Ihr Papa hatte den Tunnel 1963 durch die Erde, unter der Mauer gegraben. Doch das Projekt blieb nicht geheim. Bis Anfang der 70er lebte Liane von ihren Eltern getrennt. Das Bild, das die zweite Woche im Jahr 2026 einläutet zeigt eindrucksvoll wie das Gebiet über dem Tunnel damals aussah: Trostlos, freudlos, abweisend.

Ebenfalls durch Tunnel gelangten die Brüder Sass zu Ruhm In der Weimarer Republik buddelten sie in der Erde unter dem Wittenbergplatz, drangen mit eingezogenem Bauch in den Tresorkeller der Discontobank ein und … die beute wurde nie gefunden. Die Nazis setzten dem Brüderpaar ein jähes Ende.

Wer Berlin mal anders erleben will, kommt auch um den Flakturm im Humboldthain nicht herum. Während oberhalb Graffiti, Aufkleber und Essenverpackungen den Blick nach unten richten lassen, ist es noch weiter unten deutlich spannender. Die Überreste der Sprengung durch eine  französische Pioniereinheit sind heute nur noch im Rahmen einer Führung der Unterwelten zu sehen.

Für jedermann einseh- und erlebbar ist hingegen der U-Bahnhof Museumsinsel, der am 9. Juli 2021 eingeweiht wurde. Ein Sternenhimmel sechzehn Meter unter der Erde. Ein Paradoxon, das in den Sozialen Medien für Aufsehen sorgt.

Ein Jahr lang Berlin unter den Rock geschaut und man hat sieben Tage in der Woche Aufregendes zu entdecken. Der Kalender der Berliner Unterwelten e.V. macht Appetit auf mehr. Und wem die Enge Unbehagen bereitet, der kann sich mit den Bildern in eine Welt versetzen, die einzigartig ist.