Archiv der Kategorie: Viva Iberia!

Madeira und Porto Santo

Madeira kann getrost als Traumziel erachtete werden. Die Insel ist auch der Einstieg ins Weltreisen. Weit weg von zuhause – Flugzeiten von fast fünf bis acht Stunden) – und doch nicht allzu fremd. Aber selbst bei längerem Nachdenken fallen Einem nicht viele Fakten zu Madeira ein. Der Name Madeira ist Vielen bekannt, und doch weiß man so wenig.

Ray Hartung versucht auf über 250 Seiten mit geballtem Wissen entgegenzuwirken, und schafft es scheinbar spielerisch. Die Insel auf eigene Faust zu erkunden, gehört zum Reisen wie das Salz in der Suppe. Und Madeira bietet sich förmlich an es selbst einmal zu versuchen individuell zu reisen: Berge und das Meer direkt davor, eine kulinarische Hochburg vor den Küsten Afrikas, Florareichtum, der hierzulande nur mit Eintrittsgeld zu erkunden ist und das Besondere leben hier in erwartungsvollem Einklang.

Vor über zweihundert Jahren entdeckten die Engländer die Insel als Zufluchtspunkt für die schönsten Tage im Jahr. Seither reisen jedes Jahr mehr Besucher auf die Insel des ewigen Frühlings. Nichts für All-Inclusivler! Hier ist der Reisende selbst gefordert. Und mit diesem Buch im Reisegepäck ist er auf alle Fälle auf der sicheren Seite, wenn es darum geht nichts zu verpassen.

Erster Anlaufpunkt für die meisten ist Funchal, die Hauptstadt Madeiras. Hier pulsiert das Leben, hier stellt sich Madeira vor. Modern und traditionsbewusst zugleich kommt der Gast in die richtige Stimmung, probiert Espetada de carne oder Espada com banana. So frisch gestärkt (mit Ochsenfleisch und schwarzem Degenfisch) kann man nun die Insel erforschen. Die beiliegende Karte und die abgedruckten Pläne oder die gratis zum Download GPS-Daten machen es einem einfach sich zurechtzufinden: Bis auf die höchsten Gipfel, vorbei an den beeindruckendsten Tälern, mit den schönsten Aussichtspunkten der Insel und mit unvergesslichen Ausblicken auf den unendlichen Ozean. Apropos Meerblick: Seit ein paar Jahren kann man vom Cabo Girão von einem so genannten Skywalk über die fast sechshundert Meter hohe Klippe in den bedrohlichen und faszinierenden Abgrund schauen.

Auch die kleine Schwesterinsel Porto Santo hat ihre Reize. Hier geht es im Allgemeinen etwas gemächlicher zu. Man ist hier unter sich. Die Insel ist bedeutend kleiner als Madeira, doch nicht weniger attraktiv. Tagesausflüglern werden die Rundfahrten empfohlen, wer länger bleibt kann sich mit Bergtouren und Tauchgängen und allem, was dazwischen liegt die Zeit mehr als gehaltvoll vertreiben.

Madeira ist eine feststehende Größe im Reiseplan eines jeden Reisenden. Und mit diesem Reisebuch ist man bestens ausgestattet. Die klare Gliederung, die ausgeklügelten Ausflugs- und Einkehrtipps, die detaillierten Erkundungstouren, die zahlreichen Karten und der kleine Sprachführer am Ende des Buches lassen den Madeira-Aufenthalt noch lange in Erinnerung behalten.

Das Alibi

Namenlos, erfolglos, gefühllos – ganz schön was los in Barcelona. Der aus Mexiko stammende anfangs noch namenlose (!) Erzähler erzählt von seiner Frau, der Brasilianerin, ebenfalls namenlos. Und dem Halbwüchsigen und dem Mädchen. Ebenfalls namen… was sonst. Eine Unvernunftehe ist es. Um hier bleiben zu können, nach dem Studium. Dass er Schriftsteller ist, verheimlicht er allzu gern. Zu groß die Angst vor der Blamage.

Schreibkurse gibt er allerdings sehr gern. Wenn denn jemand kommt, um sich inspirieren zu lassen. Ein Ecuadorianer kreuzt seinen Weg. Eine bretonische Friseurin verliert einen Finger – sie ist also quasi fingerlos. Und wie zaubert man daraus nun ein Alibi?

Die Antwort erliest man sich als Leser am besten selbst. Jedwede Erwartung, jede Leseerfahrung muss man dabei aber außen vorlassen. Denn Juan Pablo Villalobos gelingt mit scheinbaren Unnötigkeiten eine Szenerie zu kreieren, die an Eigenwilligkeit nicht zu überbieten ist. Seitenlang ergießt er sich in scheinbar belanglosen Gesprächen, die erst am Ende des – letztendlich doch viel zu kurzen – Buches ein stimmiges Gesamtbild ergeben. Jeder noch bedeutungslose Satz, der bisher das Hirn des Lesers verwirrte, lugt mit einem verschmitzten Lächeln um die Ecke als wolle kundtun: „habe ich es Dir nicht gesagt?!“.

Es ist eine Kunst als Belanglosen (scheinbar) Bedeutungsvolles (in echt!) zu Papier zu bringen. Und erst ganz kurz vorm Schluss wird klar, der der sonderliche Schreiberling ist. Unbekannt ist er nun wirklich nicht. Warum die Handelnden ihr Los der Namenlosigkeit so duldsam ertragen, wird schnell klar: Sie wollen einfach nicht im neuen Buch des Autors erscheinen. Die Kids sind eh nicht erpicht darauf in den Zeilen aufzutauchen. Was, wenn sie jemand erkennt? Wie peinlich! Sie werden ihr blaues – in diesem Fall ihr ROTES – Wunder erleben. Und alle leben glücklich bis ans Ende ihrer Tage?

Nun ja, ein Märchen ist „Das Alibi“ nicht. Aber mindestens genauso nachhaltig.

Teneriffa

Und immer wieder die Kanaren: Das trubelige Gran Canaria, das verträumte Lanzarote und das stachelige Teneriffa. Das stachelige Teneriffa? Soll das Titelbild dieses Reisebandes etwa ein Hinweis auf die Undurchdringbarkeit der Insel hinweisen? Mitnichten. Denn Irene Börjes schlägt Schneisen ins Dickicht des Unbekannten, das einem die Augen übergehen. Wer sich für Teneriffa entscheidet, tut das in dem Bewusstsein Natur und Mensch sich gleichermaßen anzunähern. Hier steht man sich nicht gegenüber, hier geht man Hand in Hand und erlebt die schönste Zeit des Jahres.

Das kann zum Beispiel beim Lucha Canaria geschehen. Wer sich beim allabendlichen Fernsehen die Sinne schon mal beim Wrestling versengt hat, dem ist Lucha Libre ein Begriff. Die mexikanische Variante des Wrestlings, mit viel Show, Tamtam und bunten Kostümen. Weniger Show, trotzdem viel Tamtam und echter Leidenschaft stehen sich Mann gegen Mann und auch schon mal Frau gegen Frau gegenüber. Man reicht sich die Hand. Brega – es geht los. Wer nun mit einem anderen Körperteil als dem Fuß den Boden berührt, hat verloren. Es gibt sogar eine Liga. Und für die meisten ist erst dann Wochenende, wenn lucha canaria die Menschen zusammenbringt. Ein Spektakel, das man sich als Besucher nicht entgehen lassen sollte.

Teneriffa kann sich außerdem rühmen die höchste Erhebung Spaniens zu besitzen, den Teide. Kann man relativ einfach erklimmen. Aber Vorsicht, hier zieht’s, an den Klamotten, an der Kondition, manchmal auch und gerade deswegen an den Nerven. Wie, wann, von wo man am besten nach Oben kommt – hier steht’s, ab Seite 170, in der zehnten Auflage dieses Reisebandes ohne den man die Insel gar nicht erst zu besuchen braucht. Mehr als in diesem Buch steht, weiß sicherlich auch kein Einheimischer!

Costa del Silencio verspricht schon vom Namen her eintönige Ruhe, die man nicht lange suchen muss. Quirliger, aber nicht abgeschmackt geht es in Los Cristianos zu. Die Beats der Retortenorte Playa de las Américas und Costa Adeje hinter sich lassend, ist man hier noch lange nicht im Nirgendwo. Aber alles ist ein bisschen ruhiger und dennoch städtisch angenehm erschlossen.

Egal, wo man sich auf Teneriffa wie auch immer erholen möchte, die Tipps von Irene Börjes treffen jedes Mal mitten ins Herz des Begehrens. Die farbigen Kästen machen nicht nur das Buch bunter, sondern auch den Aufenthalt. Wie sonst sollte man sonst vom lucha canaria erfahren?!

Lanzarote

Lanzarote ist derart gut erschlossen, dass man eigentlich kein Reisebuch mehr braucht. Das mag stimmen, wenn man den Urlaub in einem Reisebüro planen und sich dann vom Taxi abholen lässt, über den halben Kontinent und einen Teile des Atlantiks fliegt. Sich dann ins Hotel bringen lässt, auspackt und dann zwei Wochen am Pool die Drinks genießt, die man daheim in jeder halbwegs vernünftigen Bar ebenso genießen kann.

Oder man nimmt die Planung selbst in die Hand. Das kann schon mal ein paar Stunden oder Tage dauern. Aber wie beim Warten aufs Christkind ist die Belohnung umso schöner, wenn man dann endlich die Geschenke auspacken darf. Mehr als nur eine hilfreiche Stütze ist bei letzter Planung dieser Reiseband. Reisebuchautor Eberhard Fohrer hat eine persönliche Beziehung zur Insel. Er lebte hier, machte hier unzählige Urlaube und recherchierte hier noch öfter. Zieht man ihn zu Rate, dann erblasst jedes Reisebüro. Und ereignisreicher werden die ein oder zwei oder mehr Wochen ohnehin. Die 416 Seiten dieses Reisebuches sind nicht nur chic anzusehen, sie sind ein El Dorado für alle, die Lanzarote erkunden und im besten Sinne für sich erobern wollen. Ein Appetitmacher, der hält, was er verspricht!

Das beginnt bei der exakten Beschreibung von Festen, die die Inselbewohner und Touristen zusammenbringt und hört bei Restaurantstipps noch lange nicht auf. Ausgedehnte Touren, bei denen man allein oder in Gruppen vieles zu Gesicht bekommt, was anderen verwehrt bleibt. Echte Geheimtipps, die man sich erarbeiten darf und die Erholung und einzigartige Eindrücke garantieren. Schon mal von Jameos del Augua gehört? Ein Höhlensystem, das vor dreitausende Jahren nach dem Ausbruch des Monte Corona entstand. Nun ist der Name Corona mittlerweile in aller Munde. Und durch eben einen solchen steigt man hinab oder hinein in eine neue Welt. So wie schon vor ein paar Jahren. Aber dieses Mal hat alles ein gutes Ende. Und noch nachhaltigere Erinnerungen. Die exakte Beschreibung der Gegebenheiten machen einen die Entscheidung einfach: Ja, ja, ja. Oder Si, si, si. Muss man gesehen haben, wenn es die körperliche Verfassung zulässt. Und Uga ist noch weniger besucht. Und wenn man von hier nach Puerta de Carmen wandert (nur eine von vielen Wanderungen, die im Buch genau beschrieben werden, inkl. GPS-Daten), kann es sein, dass man tatsächlich stundenlang keiner Menschenseele begegnet, obwohl man auf einer Insel ist, die für Touristenströme bekannt ist.

Lanzarote ist und bleibt immer ein Reiseziel, dass besonders zur Weihnachtszeit oder generell in der kälteren Zeit gern als Fluchtpunkt ausgewählt wird. Verständlich, wenn man sich intensiv mit diesem Reiseband auseinandersetzt.

1000 places to see before You die

Im Leben gibt es unzählige Listen, die man erstellt. An die meisten hält man sich, wie den Einkaufszettel. Andere hingegen dienen – so meint man – der eigenen Beruhigung etwas zumindest in Planung zu haben. Meist gehen diese Listen irgendwann den Weg in den Abfall. Und dann wiederum gibt es Listen, die sind so dick, weil gehaltvoll, die werden niemals ihre Anziehungskraft verlieren. Bucketlist nennt man das.

Und so eine liegt in diesem Fall einmal mehr vor. Tausend Orte, die man besuchen muss bevor man es nicht mehr kann. Unmöglich? Schon möglich. Aber genauso möglich ist es tausend Orte zu bereisen. Doch wo anfangen? Hier kommt dieses Monster an Ideen, Ratgebern, Tipps, Tritten in den Allerwertesten ins Spiel. Von nun an gibt es keine Ausreden mehr! Der Anfang ist gemacht. Und der erste Schritt ist bekanntlich der erste von vielen, die noch folgen werden. Und wenn man schon mal angefangen hat…

… dann auf zum Lac d’Annecy oder nach Riga. Am besten mit einem Abstecher zu den Stränden Goas in Indien oder Sanibel und Captiva vor Florida. Oder der größten Sandinsel der Welt, Fraser Island in Australien. Zu ruhig? Dann hilft eine Shopping- oder Sightseeingtour über die quirligen Märkte von Saigon.

Man muss das Buch nur in die Hand nehmen und ein wenig darin blättern. Und schon hat man Reisefieber. Und eine Reisefibel auf dem Schoß. Klar gegliedert nach Kontinenten und Ländern. Ganz Mutige nehmen diesen Schmöker als festen Reiseplan – viel Spaß beim Urlaubsantrag ausfüllen: „Chef ich bin dann mal weg. Wenn ich das Buch abgearbeitet habe, komme ich wieder. Bis in … Jahren!“. Die Vorstellung ist doch schon sehr verlockend.

Ein Sinnes-Overkill ist garantiert. Berge, Täler, Strände, Stadtzentren, Architektur, Naturwunder, über und unter Wasser, Aussichtspunkte, Absteige wie Kletterpartien – wer hier nicht fündig wird, der hat entweder schon alles gesehen (was fast unmöglich scheint) oder will einfach nicht. Man kann dieses – nein, man sollte – dieses Buch als niemals versiegende Inspirationsquelle sich regelmäßig aus dem Regal nehmen. Reisen bildet. Lesen macht Appetit. Bei 1220 Seiten kann man sich niemals satt sehen und inspirieren lassen. Es gibt immer wieder Neues zu entdecken. Heute hier, morgen da. Der Sehnsucht einfach mal Futter geben. Sich selbst austesten, was alles möglich sein kann. Schon allein dafür lohnt sich ein Blick in diesen Schmöker.

Baskenland

Der Name Baskenland ist nun wirklich keine unbekannte Region – dem Namen nach. Aber mal ehrlich, wer kann außer San Sebastián und Bilbao noch weitere Städte und Regionen aufzählen?! Und dass sich das Baskenland bis nach Frankreich ist auch nicht jedem bekannt. Bis vor ein paar Jahrzehnten war es die Region mit Terroranschlägen der ETA. Da fuhr man nicht hin. Und man verpasste damals schon eine Menge.

Eine Rundreise durch das Baskenland ist so vielfältig, dass man diesen Trip als kleine Weltreise bezeichnen könnte. Die Frage nach „Meer oder Berge?“ stellt sich hier nicht. Denn es gibt – und hier geht – beides. Pyrenäen und Atlantik küssen sich hier auf besondere Weise.

Jens Wiegand führt in seinem Baskenland-Reisebuch den Leser durch eine Region, die mit ihren Reizen verführt. Ob nun das besucheranziehende Spektakel des Stierrennens in Pamplona – ja, Pamplona liegt im Baskenland – oder kulinarische Eroberungen in San Sebastián oder das Guggenheim-Museum in Bilbao, das Baskenland besitzt nicht nur auf den ersten Blick eine ungeheure Anziehungskraft.

Doch es sind nicht nur die offensichtlichen Highlights, die echte Magnete sind. Man muss sie ab jetzt nicht einmal mehr suchen, sie sind alle (!) in diesem Buch beschrieben. Aufschlagen, lesen, reisen! So und nicht anders wird es in Zukunft ablaufen, wenn im Familienkreis der nächste Urlaub besprochen wird.

Normalerweise sind Hauptstädte immer die ersten Anlaufpunkte für Fremde. Im Baskenland ist das nicht nur ein bisschen anders. Erstens: Wer kennt die Hauptstadt des Baskenlandes? Es ist Victoria-Gasteiz. Mh. Und liegt in der Region Araba. Mh. Nie gehört? Ist nicht schlimm. Von allen Regionen des Baskenlandes ist Araba diejenige mit den wenigsten Besuchern. Wer also Ruhe sucht, sich ursprüngliche Landschaften auf eigene Faust erkunden will – der ist hier richtig! Und wird aufs Vorzüglichste verwöhnt. Zum Beispiel mit einem hier angebauten Rioja. Auch der ist ein baskisches Produkt!

Apropos Produkt. Baskenmützen. Kennt jeder, steht nicht jedem. Aber wer sich eine Baskenmütze zulegen möchte, der sollte nach Txapela fragen. So heißt das weltweit bekannte Accessoire. Und Manufakturen gibt es in vielen Orten auf dem Weg. Ebenso wird man immer wieder auf Sportarten treffen, die hier noch vielerorts betrieben werden, außerhalb des Baskenlandes aber kaum Zuschauer anziehen. Pilota ist sicherlich die bekannteste Sportart. Mit einem aus Stroh geflochtenen bananenartigen Handschuhe wird eine Hartgummikugel über ein Spielfeld geschleudert. Mit irrsinniger Geschwindigkeit. Das gegnerische Team muss den zurückprallenden Ball fangen und darf nun selbst die Kugel mit Caracho dem Gegner zurückspielen. Wird auch in Florida gespielt, aber die traditionelle Variante stammt von hier. Und hier wird sie auch in ihrer ursprünglichen Form fast schon zelebriert.

Tradition und Moderne, Meer und Berge, versteckte Landschaften und überlaufene Großstädte mit immensem kulturellen Angebot – das ist das Baskenland. Wer es bereist, kommt an diesem Reiseband nicht vorbei!

San Sebastián & Bilbao

Als Zwillingsstädte kann man diese beiden nun wirklich nicht bezeichnen. Aber sie sind wahrscheinlich für die meisten der Grund in den Norden Spaniens zu reisen. Bilbao, die einstige Industriemetropole, die noch vor wenigen Jahrzehnten ein grauer Fleck inmitten grüner Landschaft war. Und San Sebastián die elegante Stadt am Meer, die Feinschmecker das Herz höher schlagen lässt.

Während Bilbao durch den Billigflieger-Boom der Vergangenheit an den Rand der Belastbarkeit getrieben wurde, hat sich San Sebastián, oder Donostia auf Baskisch, einen Hauch Exklusivität erhalten können. Zum ersten Mal sind diese beiden Städte in einem Reiseband vereint, der sowohl die Gemeinsamkeiten als auch die deutlichen Unterschiede herausarbeitet. Für diejenigen, die sich nicht entscheiden können, keine Hilfe – denn beide Städte muss man besuchen. Ob nun auf einer Reise nacheinander oder mit zeitlichem Abstand – auch diese Entscheidung kann dieser Reiseband nicht abnehmen. Aber ansonsten wird hier jede noch offene Frage ausführlich und umfassend beantwortet. Selbst die Fragen, die man sich niemals gestellt hat…

Beide Städte sind Großstädte, die ihre Größe zu verstecken wissen indem sie kleine lauschige Plätze für den Besucher parat halten, die die Einzigartigkeit unterstreichen. Man muss nur wissen, wo man sie findet. Da greift Autorin Petra Sparrer energisch ein. Ohne die Exklusivität in Frage zu stellen, leitet sie den Leser und Besucher durch die Pracht der beiden Städte. Und wem das noch nicht reicht, den nimmt sie an die Hand, um mit ihm die Umgebung zu erkunden.

San Sebastián ist über alle Grenzen hinweg als Feinschmecker-Hochburg bekannt. Drei-Sterne-Restaurants en masse und Kochclubs, die mittlerweile auch Frauen aufnehmen, sind eine Offenbarung. Mancherorts ist man als Gast gern eingeladen mitzukochen, mitzuschwatzen und mitzuessen.

Bilbaos Herz schlägt am Guggenheim-Museum. Der imposante Bau von Frank O. Gehry lässt so manchen Kopf in Schräglage halten. Doch die Stadt besteht nicht nur aus silberner zeitloser Architektur. Wer durch die Altstadt schlendert, wird überwältigt von der Üppigkeit der Arkaden und Gassen. Dabei überseiht man gern mal etwas. Wäre doch schlimm, wenn man ausgerechnet den Nikolaus nur um ein paar Straßenecken verpasst, oder?!

Ob nun im Doppelpack oder als Einzelreise – beide Städte bringen jeden Besucher zum Träumen und Schwelgen. Es war an der Zeit diesen Ikonen in Spaniens Norden einen Reiseband zu widmen, der nun wirklich keine Frage unbeantwortet lässt.

Der spanische Esel

Da versucht man doch nur seiner Leidenschaft zu fröhnen, und einen Film auf die Beine zu stellen. Okay, vorzugaukeln einer Frau mit einer Rasierklinge das Auge zu zerschneiden (wofür man mit Misserfolg bestraft wird), bedarf mehr nur einer halbherzigen Erklärung. Aber beim nächsten Mal wird alles anders. Zumal, wenn man schon einen großzügigen Gönner gefunden hat, der sein Geld für die Realisierung in der Mitte Spaniens zur Verfügung stellt. Man muss ihn nur von seiner Idee – sofern vorhandne – überzeugen. Und ebenso den Ideen des Geldgebers permanent eine Absage erteilen… der Beruf des Filmemachers, des Künstlers, ist eigentlich ganz einfach. Und wenn man Luis Buñuel heißt, sollte das doch kein Problem sein.

Naja, so einfach ist es dann doch nicht! Denn Buñuel war kein einfacher Charakter. Und seiner Ideen waren nicht das, was man massenkonform nennt. Und so sollte es auch wieder kommen. Mitten im Nirgendwo der Extremadura, in Las Hurdes will der eigenwillige Künstler einen Dokumentarfilm drehen. Um ihn herum nur Einöde, nur Elend. Die Menschen sind verwahrlost und als die Vier-Mann-Crew eintrifft, sehen die meisten von ihnen zum ersten Mal ein Auto. Doch dann hat eine zündende Idee – der Esel da, genau der … Buñuels Revolver … da lässt sich doch bestimmt etwas machen… oh je. Der Skandal ist ein weiteres Mal vorprogrammiert.

Sebastian Guhr gibt seiner Phantasie jede Menge Zucker. Er kratzt die harten Fakten der Filmgeschichte zusammen und knetet sie zu einer weiteren Kunstfigur erneut zusammen. Buñuel und seine Entourage werden zum Spielball ihrer eigenen Gedanken. Alles real. Alles surreal. Der Film wurde von den spanischen Faschisten verboten. Und ist ein Klassiker – nicht wegen der Legende, sondern wegen des Themas. Buñuel filmte Menschen, die nichts – absolut gar nicht, nichts zu essen, nur die Kleidung am Leibe, und vor Perspektiven ganz zu schweigen –  besaßen. Und dann die Sache mit dem Esel…

So schwierig Buñuels Filme manchmal zu verdauen sind, so leichtfüßig schafft es der Autor dem Surrealisten Buñuel nahe zu kommen. Mit Akribie recherchiert und mit straffer Feder zu Papier gebracht. Ganz real!

Barcelona Abenteuer

Barcelona ohne Abenteuer? Das geht doch gar nicht! Was hingegen möglich ist, dass man bei dem Überangebot an Abenteuern leicht den Überblick verlieren kann. Kaum eine andere europäische Metropole hat sich in den vergangenen Jahrzehnt derart oft und tiefgreifend verändert wie die katalanische Stadt am Mittelmeer. Und da soll es immer noch Menschen geben, die Barcelona nicht spannend finden…

Die sollten mal mehr als nur einen Blick in dieses Buch werfen. Das gibt’s schon zu Beginn gleich was auf die Augen. Auf der ersten Umschlagseite wird in Versuchung geführt: Wie sah Pornographie in der Renaissance aus? Seite 36 weiß da mehr darüber. Eine enge Gasse, die auch schon Picasso inspirierte und … nö, das muss man selbst erleben und vorher erlesen. Wer will kann den Rundgang bei einem Cocktail und Popcorn entsprechend ausklingen lassen – „und wenn man schon mal hier ist“ lautet die weiterführende Rubrik am Ende eines Kapitels. Kopfkino einschalten!

Montags, mittwochs und freitags wird es abenteuerlich auf dem Mercat dels Encant. Ein Lächeln huscht so manchem Besucher übers Gesicht, wenn er sich mitten in einer Auktion am frühen morgen befindet. Zum Einen hat man den Weg dorthin gefunden. Zweitens hat man sich im Gewühl zum Auktionator vorgekämpft – der geht nämlich zu den zu versteigernden Sachen. Drittens ergötzt man sich an dem rasanten Tempo der merkantilen Quasselstrippe. Und Viertens findet man dieses Spektakel wirklich so nur hier.

Da darf es dann am Abend durchaus etwas gediegener und entspannter zugehen, oder?! In den feinsten Zwirn gesellt man sich in eine Reihe Wartender. Und das schon um 19 Uhr – vor 21 Uhr geht hier doch niemand raus, um den Nachtleben zu genießen. Wieso als um 19 Uhr sich in eine Warteschlange stellen, wenn es eh erst ein paar Stunden losgeht? Kleiner Tipp: Wer verschmutzte Brillengläser hat, wird es nicht genießen können!

Frank Feldmeiers Abenteuer-Reiseband durch Barcelona (keine Scheu: Das C darf und soll ruhig scharf gesprochen werden) ist es ein wahres Füllhorn an Erlebnissen, die man nie wieder vergessen wird. Und oft sogar zu einem erschwinglichen Preis nachzuvollziehen. Hier wird niemand in Bars gelockt, wo das Getränk dem Gegenwert einer Tankfüllung entspricht. In diesem Band, in dieser Reihe taucht man in eine Stadt ein, die trotz aller Menschenmassen, die sich 24/7 durch sie hindurchwalzen, immer noch jede Menge versteckte Abenteuer, die man sonst in keinem Reiseband finden wird. Selbst wer Barcelona schon kennt und liebt, wird hier immer noch fündig werden. Und wer die Stadt tatsächlich noch nicht kennt, bekommt schon beim Buchweglegen Entzugserscheinungen.

Hier und anderswo

Man spürt es ab der ersten Seite, ach was, aber der ersten Zeile: Thomas Michael Glaw reist gern. Und oft. Und er kann viel erzählen. Nicht über das, was man sehen muss, was jedem früher oder später vor die Augen kommt, sondern über das, was man suchen muss und finden kann. Und vor allem über das, was zu beachten ist. Reiseimpressionen mit Lerneffekt. Doch so statisch sollte man dieses kleine Büchlein nicht angehen. Es ist eine Art Hilfestellung für Reisenovizen wie alte Hasen, die über diejenigen lachen, die Catania in Spanien oder Griechenland verorten (die gibt es wirklich! Und das nicht zu knapp!).

Hier sind sie also die gesammelten Impressionen (Auszüge davon) eines Reiselebens. Von München nach Wien im Flieger? Niemals. Im Zug reist man entspannter, und auch nicht viel länger, wenn man die Eincheckzeiten und die Fahrten zum und vom Flughafen einberechnet. Und mit der ÖBB sogar pünktlich, freundlicher … einfach entspannter. Reisen als Sinnesrausch im positiven Sinn. Denn auch eine Zugverspätung kann eine Reise in einen Rausch verwandeln – Stichwort Blutrausch.

Wiens erster Bezirk hat für ihn den Rausch der Vergangenheit gegen die Tristesse des Übers eingetauscht. Übervolle Straßen, übermäßig viele Verkäufer, die überteuerte Tickets verkaufen, überall nur Touristen, die überhaupt kein echtes Wien mehr ans Tageslicht kommen lassen. Dennoch sind Wien und seine Cafés immer noch berauschend. Es sind halt nur andere Cafés, wo man sich zur morgendlichen Stunde Gazetten und Braunen einverleiben mögen möchte.

Südspanien im Winter ist ein feuchtes Vergnügen. Manchmal auch ein feuchtfröhliches, wenn man der Sprache nicht mächtig ist und aus Versehen etwas bestellt, was einen übermäßig beansprucht.

Roma als Amor zu verstehen, fällt leicht, wenn man die Ewige Stadt einmal besucht hat. Oder mehrmals. Die Stadt für sich allein hat man niemals. Es sei denn, man besucht einen Friedhof. Doch auch da ist Achtsamkeit angeraten. Furbo und Pignolo können einem manchmal ordentlich auf die Nerven gehen oder gar die letzten Reste davon rauben. Der Eine mogelt sich durch (und kommt damit auch immer durch), der Andere ist ein Pedant, den man so in Italien gar nicht vermutet. Eine köstliche Charakterstudie des Autors.

„Hier und anderswo“ ist ein kurzweiliges Lesevergnügen für alle, die Bestätigung suchen und/oder vor der Entscheidung stehen in alle Himmelsrichtungen zu flüchten. Knigge-Fallen lauern überall (da ist es wieder, dieses „über“), nicht hineinzutappen, ist die Kunst. In diesem Büchlein die Fallen zu erkennen, sie umschiffen zu können, ist keine Kunst, es ist fast schon eine Pflicht.