Zeig mir den Platz an der Sonne: Eine deutsche Chronik in Schlagern

Zum Schlager hat einfach jeder eine Meinung. Und es gibt, wenn man es genau nimmt auch nur zwei Meinungen: Man mag ihn (sprich vergöttert ihn) oder man hasst ihn (und das mit Haut und Haaren). Aber eigentlich … ach was soll’s: Man kann ihn in Teilen mögen. Das komplette Spektrum des deutschen Schlagers ist unmöglich. Es gibt also drei Meinungen. Liebe – Hass – Teilsympathie.

Da steht man im Publikum bei einem Konzert einer Band, von der ein Teil zu den Urgesteinen des deutschen Hardrocks gehört. Und plötzlich kreischt einer „Da sprach der alte Häuptling der Indianer“. Was’n hier los?! Rockmusik, sägende Gitarren und dann „Hu, ha“. Es passt aber dann doch irgendwie ins Bild. Melodie, Mitsingzwang, Körperertüchtigung zu Liedern, die man seit Jahren, Jahrzehnten kennt. Und dabei war der Schlager mal tot. Toter als tot. Erst mit der Neuen Deutschen Welle, und dem mit Verzögerung folgenden Spaß-Schlagerboom der Neunziger wurde die „Heile-Welt-Attitüde“ wieder salonfähig. Heute ist Schlager für viele gescheiterte Musiker die einzige Chance die Miete bezahlen zu können. Oh, das war gemein. Aber schaut man sich die Szene und die Ursprünge von einige Musikern an, dann ist der Schlager nicht die logische Konsequenz ihres Tuns…

Wolf Kampmann legt die Plattenspielernadel behutsam ans Herz des deutschen Schlagers. Er findet „Spuren im Sand“, wird gehetzt vom „Hund von Baskerville“ (unglaublich, dass das Sinnbild des deutschen Schlager „Cindy & Bert“ „Black Sabbath“ einmal coverten), zieht mit den „Fischern von Capri“ aufs Meer hinaus – es wird klar, worauf es hinaus läuft, oder?!

Und er nimmt den Schlagerfreund höflich an die Hand und zeigt ihm, dass seichet Melodien durchaus ernsthafte Inhalte vermitteln können. Entertainment ist in Ordnung, aber mit einer Botschaft bleibt länger etwas haften im Ohr des Hörers. Feminismus ist nun wahrlich keine Erfindung der Neuzeit. Der Begriff ist nun vielleicht häufiger zu hören, aber die Inhalte, die Forderungen waren schon immer da. Mal leicht sarkastisch als „Wenn Du denkst, du denkst, dann denkst Du nur Du denkst“ – wohl der leichteste Marsch (in der Musik) der Geschichte – ein anderes Mal schon kämpferischer bei Ina Deters „Neu Männer braucht das Land“ – ist das noch Schlager?

Wie auch immer: Jeder kann mindestens zwei Händevoll Schlager aufzählen und sogar mitsingen/-grölen. Noch immer gehen Künstler auf Tour, die mit einem oder mehreren Hits tatsächlich Generationen beeinflusst haben. Liedzeilen, die in den Sprachgebrauch übergegangen sind und Neuinterpretationen von Hits durch Nachfolgegenerationen lassen das Genre nicht noch einmal sterben. Und dieses Buch ist zum Einen eine Rundreise durch Schlagerdeutschland, zum Anderen Lexikon wider das Vergessen mit einem Augenzwinkern, das so schön strahlt im Scheinwerferlicht der Konzertarenen…