Kuba – hat schon ein bisschen was von Sehnsucht. Für Arne Retzlaff ein bisschen mehr als „nur ein bisschen“. Echte Sehnsucht. Und für ein Jahr ein echtes Zuhause. Nicht Havanna, nicht Santiago de Cuba. Manzanillo hieß der Ort, der zwölf Monate mit Heimat gleichgesetzt wurde.
Das Kuba von einst mit dem prachtvollen Havanna und seinen Casinos und den dazugehörigen Etablissements, den breiten, überfüllten Boulevards, dem Paris der Karibik, ist nicht mehr viel übrig. Die Köpfe der Revolution sind zweidimensionalen Ikonen an Häuserfassaden gewichen. Seit einiger Zeit strecken die amerikanischen Ketten, die vor mehr als einem halben Jahrhundert ein Grund für die Wendung zu besseren Zeiten und Idealen waren, ihre Fühler wieder gen Kuba aus. Die beschaulichen Zigarrenmanufakturen werden in absehbarer Zeit modernen klimatisierten Arbeitsräumen weichen müssen. Und das kubanische Lebensgefühl wird bald nur noch Zuschauern des Buena Vista Social Clubs eine Vorstellung von dem, was einst war, bieten können.
Umso erbaulicher ist die Lektüre dieses herzlichen Reise- und Lebensberichtes von Arne Retzlaff. Er lernte Kuba kennen als erste Reformen wieder individuelle Entfaltung möglich machten. Als Dollars auch den Kubanern zumindest auf dem Papier rosige Zeiten versprachen. Verträumt oder verklärt sind allenfalls die Vorurteile des neugierigen Lesers. Als sanfte Abrissbirne mit dem Feingefühl eines ewigen Kuba-Liebhabers fungiert der Autor. Schon beim ersten Durchblättern, wenn man den Fotoabschnitt Seite für Seite betrachtet, werden die Vorstellungen auf eine harte Probe gestellt.
Unter den Reiseberichten über die Perle der Karibik sticht „Sehnsucht Kuba“ heraus, weil die Klischees dazu dienen den Leser auf eine andere Fährte zu locken. Nicht Hinterlist und Tücke sind die Antriebsfeder Retzlaffs, sondern das Bedürfnis Kubas wahres Gesicht zu zeigen. Die Schwierigkeiten beispielsweise ein Haus zu bauen. Wo in Deutschland der Amtsschimmel wiehert, grüßt hier die Mangelwirtschaft. Wo in Deutschland die Planung jedwede Vorfreude auf ein Fest nimmt, regiert auf Kuba die Improvisation. Und es gewinnt immer die Lebensfreude! Das spürt man in jeder Silbe.
Kuba als Reiseziel ohne das „Schnell nochmal hin, bevor alles wech ist“ – mehr als lohnenswert. Kuba mit Reiseband – sehr zu empfehlen. Kuba bereisen, ohne Arne Retzlaff zu Rate gezogen zu haben – ein Verlust, der nicht wieder gutzumachen ist.