Alltagsliteratur aus Griechenland, aus Athen ist im Moment – wenn man den Nachrichten glauben darf – eher trist und von Angst, Hass und Niedergang geprägt. Korruption, eine im Untergang begriffene Wirtschaft und ein Land, das vor großen Umwälzungen steht, sind die aktuellen Themen.
Petros Markaris verschließt in seinen Werken nicht die Augen vor dieser Situation. Doch er schafft auch ein Refugium der Gelassenheit, eine träumerische Reise in die Vergangenheit: Mit der Elektrischen durch die griechische Hauptstadt. Vom Hafen in Piräus nach Kifissia. Der Autor lebt seit Jahrzehnten in Athen und hat im Laufe der Jahre unzählige Geschichten seiner neuen Heimat gesammelt. Und nun fährt er mit dem Leser die Strecke der Stadtbahn von Anfang an ab. Links und rechts liegen nicht nur Zeugen der Menschheitsgeschichte, sondern auch die kleinen Schicksale, die eine Stadt ausmachen. Und so ganz nebenbei erhält der Leser Einblick in die Befindlichkeiten der Griechen.
Auch Athen hat seine Victoria-Station, genau wie London. Sie befindet sich unter den Kyriakou-Platz und wurde 1948 wiedereröffnet. In diesem Jahr fanden zum zweiten Mal die Olympischen Sommerspiele in London statt. Die Namensgebung geht auch auf die englische Königin Victoria zurück. Kyriakou-Platz ist immer noch eine gängige Bezeichnung für den Platz, obwohl er schon seit Jahrzehnten Victoria-Platz heißt. Neuerungen setzen sich nur schwer durch …
An jeder Station bitte Petros Markaris die Mitreisenden / Leser zum Aussteigen. Als eloquenter Stadtführer begleitet er die wissensdurstige Menge durch das Chaos der Metropole. Am Ende der Reise fühlt man sich wie ein Einheimischer und kann ebenso manche Anekdote widergeben.
„Quer durch Athen“ ist einer der wenigen literarischen Stadtführer, die es in den Olymp der Stadtrundgänge schaffen. Das liegt zum einen an der überaus interessanten und unendlichen langen Geschichte der Stadt, aber auch an der eingängigen Sprache des Autoren.
Petros Markaris ist vor allem durch seine Kriminalromane des Kommissars Kostas Charitos bekannt geworden. Seine Reisebeschreibung scheint wie eine Flucht aus den Zwängen der Ermittlungen, ein Ausstieg vom Alltag. Doch Markaris kann nicht von seiner Stadt loslassen. Im August 2013 erhält er für seine Verdienste um die Vermittlung der deutschen Sprache und den internationalen Kulturaustausch die Goethe-Medaille.