Wien, Neustiftgasse Ecke Kellermanngasse. Ein Hauch von Melodik macht sich breit. Die Ersten zögern, bleiben stehen. Dann bricht es aus ihnen heraus: „Oh Du lieber Augustin, Augustin…“. Was ist geschehen? Sie haben das Denkmal vom lieben Augustin entdeckt. Er hat die Nacht in einer Pestgrube überlebt. Schlawiner oder Glückspilz? Das Lied ist bekannt, auch über die Stadt- und Landesgrenzen hinaus. Den Grundstein für die Allianz von Musik und Wien hat es bestimmt nicht gelegt, ist aber mindestens genauso eng damit verbunden wie Hietzings bekannteste Mieter: Liszt, Strauss, Beethoven. Apropos Beethoven. Will man Wien zu Fuß auf seinen Stationen folgen, muss man sich gut rüsten. Der gute Mann ist andauernd umgezogen. Mal „nur schräg gegenüber“, mal „gleich ans andere Ende der Stadt“. Ein echter Marathon, der wie so viele Stadtrundgänge auf den Spuren großer Namen (meistens sind es dann doch Musiker, zumindest Künstler) auf dem Zentralen enden.
Peter Rupperts „Musik in Wien“ ist der ultimative Reiseband für alle Musikfreunde, die in Wien schon so manche Ecke erkundet haben und die man nur schwer noch beeindrucken kann. Das geballte Musikwissen der Stadt in einem Buch – Freud und Leid, Hoffnung und Verzweiflung, triumphale Erfolge und nicht minder bittere Niederlagen und Tumulte. Es sind die kleinen Anekdoten, die dieses Buch so besonders machen.
Und wer weiß schon, dass auch Alma Mahler-Werfel selbst komponierte? Ihre Werke sind leider größtenteils verschollen. Dachbodenfunde zu bestimmten Jubiläen sind also nicht ausgeschlossen.
Auch begnügt sich Peter Ruppert nicht damit nur all die großen Namen aufzuzählen und ihnen auf der Spur zu bleiben. Sie alle hatten Schüler und Verehrer, die ihnen nachreisten oder schon da waren. Haydn lehrte Beethoven. Es passt nicht, geht sich nicht aus. Beethoven grübelt, wettert gegen den Alten. Sucht Rat bei Johann Georg Albrechtsberger. Doch auch der ist mit dem ungestümen Rheinländer überfordert. Später wird Albrechtsberger auf Anraten von Mozart Domkapellmeister zu St. Stephan. Im Wiener Stadtteil Meidling, im Zwölften, ist eine Gasse nach ihm benannt.
Augen auf beim Wienbummel. Immer wieder, fast schon an jeder Ecke, trifft man auf Namen, die der Stadt ein gewisses Flair gaben. Doch das hörte nicht einfach mit dem Ende des Walzerzeitalters oder des Kaiserreiches oder gar mit dem Ende der klassischen Musik auf. Moderne Komponisten wie Arnold Schönberg oder Alban Berg übernahmen den Ruhm ihrer Vorgänger nahtlos. Der Zeitungsausschnitt im Buchklappentext über ein Konzert mit moderner Musik lässt die „ausgelöste Stimmung“ bis heute erahnen – das als Watschenkonzert in die Geschichte eingegangene Ereignis gehört zu Wien wie Falcos „Vienna Calling“ oder Wolfgang Ambros’ „Es lebe der Zentralfriedhof“. Ihnen allen widmet sich dieses Buch und wird für jeden, der mit einem Liedchen auf den Lippen, mit der unstillbaren Neugier eines Wientouristen, ohne Bedenken sich der Stadt hingeben will, zu einem dienlichen Begleiter.