Als Zehnjähriger hat man es nicht leicht. Überall auf der Welt, zu jeder Zeit. Michel ist zehn, es sind die Siebziger, und er hat es nicht leicht. Seine Freundin Caroline, die zwei Jahre älter ist und – wie Mama Pauline sagt „entwickelt“ – will ihn heiraten. Tonton Rene, Mama Paulines Bruder, ist ein waschechter moderner Kommunist. Marx und Engels verbindet er mit den Annehmlichkeiten der kapitalistischen Welt. Außerdem hat er es auf das Erbe der Mutter abgesehen. Und sitzt deswegen Mama Pauline ständig im Nacken. Papa Roger pendelt immer zwischen Mama Pauline und Mama Marine Hin und Her. Michel hat es echt nicht leicht.
Michels Welt dreht sich um Caroline, die plötzlich mit ihm Schluss macht, weil er ihr keine Gedichte schreibt (was „ihr Neuer“ natürlich macht). Sie dreht sich um Idi Amin Dada, den Menschenfresser aus Uganda. Und sie dreht sich um den gestürzten Schah von Persien. Das alles erfährt er von Papa Roger und dem neuen Radio, mit Rekorder. Papa Roger regt sich ungeheuerlich über das Weltgeschehen auf. Doch viel spannender sind letztendlich der Rekorder und die Kassette von dem Mann mit dem Schnurbart, der pausenlos von einem Baum singt. Michel findet das lustig. Doch der Rekorder muss geheim bleiben, niemand aus der Nachbarschaft darf davon erfahren. Denn Michel gehört jetzt zu den Kapitalisten.
Im Schlafzimmer findet er Bücher. Unter anderem von Arthur Rimbaud. Sie faszinieren ihn. Wenn immer möglich zieht er Vergleiche mit dem großen Dichter. Rimbaud, die geschassten Oberhäupter Irans, Ugandas oder Zentralafrikas schwirren im Hirn des kleinen Michel herum. Trotzdem ist er in der Schule nur Durchschnitt. Doch die Gedankengänge lassen ihn und Caroline wieder enger zusammenrücken.
Alain Mabanckou erzählt mit der Leichtigkeit eines Kindes aus dem Leben eines Jungen, der der Zeit das Beste abzuringen versucht. Materiell geht es ihm gut, doch deswegen versteht er noch lange nicht die Welt der Erwachsenen, zu der ja auch eines Tages gehören wird.
Doch eigentlich ist er schon mittendrin. Tagtäglich hört er die Nachrichten. Sie sind Bestandteil seines Lebens. Er fragt sich, warum immer nur Schlechtes in der Welt passiert. Michel ist viel früher erwachsen als ihm lieb sein kann. Er nimmt es mit der Unbekümmertheit eines Kindes hin.
„Morgen werde ich zwanzig“ ist aus der Sicht eines Jungen geschrieben, der dem Leser Afrika zeigt wie kaum jemand zuvor. Alain Mabanckou trifft mit jeder Silbe die Seele Afrikas.