Es ist nicht einfach die NS-Zeit mit Kultur in Verbindung zu bringen. Staat und Partei sind verschmolzen – ein sicheres Zeichen für Diktaturen. Die Kulturszene muss sich dem Diktat der Partei, und somit des Staates beugen. In Deutschland der Jahre 1933 bis 1945 kein leichtes Unterfangen. Entartete Kunst, Bücherverbrennung, Hetze, Vertreibung, Folter – Künstler hatten es schwer ihrer Kunst Ausdruck zu verleihen. Die Verlustmasse der Geflohenen ist bis heute nicht aufgearbeitet. Während Filmschaffende Hollywood zu heutigen Ruhm verhalfen – ohne sie wäre der Flecken Erde in den Hügeln bei Los Angeles nicht weiter als ein Gewerbegebiet mittleren Ausmaßes für Filmschaffende – arrangierten sich manche mit dem Regime, manche biederten sich an, manche lavierten sich geschickt durch die Zeit.
Die Zeiten, in denen aufm Ku’damm in den Cafés heiter diskutiert wurde, Weltliteratur geschrieben wurde, die Kunstszene zu explodieren drohte, waren endgültig vorbei als der Fackelzug der SA durchs Brandenburger Tor zog. Und Max Liebermann bei diesem Anblick die packende Zusammenfassung zum Besten gab: „Ick kann jar nich soville fressen wie ick kotzen möchte.“
Im Süden Frankreichs, in Sanary sur Mer bildete sich zwischenzeitlich eine deutsche Literatenkolonie, die jedem Bücherliebhaber ein Schauern über den Rück laufen lässt. Und in Berlin? Monströse Pläne für eine Welthauptstadt. Die Welt zu Gast bei Mördern. Gleichschritt nicht nur als Tagesparole, sondern bildhafter Alltag. Die Filmbranche blühte auf unter der Fuchtel von Joseph Goebbels, der nebenbei auch oberster Herr der Stadt Berlin war.
Berlins Künstler waren zu dieser Zeit nicht minder kreativ als in den Jahren zu vor. Sie waren vor allem politischer, einige politiksicher. Wer Geld verdienen wollte, weil er es musste (der schnöde Mammon nimmt keine Rücksicht auf Diktaturen), passte sich an, wenn er keine Möglichkeit hatte zu fließen. Oder er versank für alle Zeiten in der Bedeutungslosigkeit.
Als der „Vulkan Berlin“ ausbrach, stieg aus ihm das „Monster Berlin“ – so beschreibt es Autor Kai-Uwe Merz. Was nichts anderes besagt als dass der erste Satz dieses Buches geschrieben wurde als der Vorgängerband („Vulkan Berlin“) erschien. Beide Bücher rücken die Metropole Berlin ins Rampenlicht und leuchten sie detailreich aus, so dass selbst in den dunkelsten Ecken sich keiner mehr verstecken kann. Zweieinhalb Jahrzehnte, die Zwanziger, die Dreißiger und die erste Hälfte der Vierziger reichten aus, um den Olymp zu erklimmen und in die Tiefen der Hölle zu stürzen. So wie George Grosz es zeichnete. Hitler vor dem Leichnam seines Bruders auf dem Knochenhaufen der Opfer. Ein Sinnbild, das bei seiner Entstehung eine dunkle Zukunft darstellte und nur wenige Jahre später bittere Realität war. Um die Pauken und Trompeten dieser Zeit richtig zu verstehen, braucht man Bücher wie diese!